AfD-Mitarbeiter möchte, dass Schule Teilnahme an rassismuskritischem Uni-Projekt absagt

Der Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten der AfD wollte erreichen, dass eine Schulklasse die Teilnahme an einem rassismuskritischen Projekt der Ruhr-Universität Bochum absagt. „Dies zeigt, dass die AfD Lehrkräfte, die Kritik an rassistischen Positionen artikulieren, einschüchtern will“, so Prof. Dr. Karim Fereidooni von der Ruhr-Universität, der das Seminar zusammen mit seinem Kollegen Jan Schedler und Lehramts-Studierenden organisiert hat.
Im Grunde genommen war es ein gewöhnlicher Vorgang: Eine Lehrerin eines Gymnasiums im Ruhrgebiet informierte Mitte November mit einem Elternbrief darüber, dass sie mit einem Sowi-Kurs an einem Projekt im Schüler*innenlabor der Ruhr-Universität teilnimmt. Ungewöhnlich war hingegen die Post aus Berlin, die kurz darauf die Schule und die betreffende Bezirksregierung erreichte: „Wir fordern sie auf, die Veranstaltung abzusagen und die nötigen Konsequenzen daraus zu ziehen“, hieß es unmissverständlich in dem Schreiben des Referenten eines AfD-Abgeordneten.
Der Stein des Anstoßes: In dem Projekt „(Alltags-)Rassismus in Deutschland“ werden drei thematische Workshops von Lehramtsstudierenden für Schüler*innen angeboten, die für subtile Facetten von (Alltags)Rassismus sensibilisieren und eine kritische Auseinandersetzung ermöglichen sollen. Während sich zwei den Themen Racial Profiling und NSU widmen, stellt der Workshop, den die Schüler*innen des betreffenden Gymnasiums besuchen wollten, rassistische Äußerungen der AfD in den Mittelpunkt.
„Die AfD versucht gegenwärtig den Eindruck zu erwecken, Schule und Lehrer*innen hätten politisch neutral zu sein“, so Schedler. „Doch das stimmt nicht“. „Weder das im sogenannten ‚Beutelsbacher Konsens‘ verankerte Kontroversitätsgebot noch das Überwältigungsverbot begründen eine ‚Neutralität‘ oder Toleranz gegenüber menschenfeindlichen oder demokratieverachtenden Äußerungen“, bestätigt Fereidooni. „Ganz im Gegenteil: Kontroverse Positionen können nur so lange als gleichberechtigte Stimmen im demokratischen Diskurs anerkannt werden, wie sie mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in Einklang stehen. Verletzende Äußerungen und rassistische Haltungen dürfen nicht nur, sondern müssen von Lehrkräften als antidemokratisch kritisiert werden“, so Juniorprofessor Fereidooni. Er und sein Kollege sind deshalb zufrieden, dass sie und die Lehrerin breite Rückendeckung erfahren haben: von der Fakultät für Sozialwissenschaft, von der Professional School of Education, vom
Leitungsteam des Schüler*innenlabors, der Unileitung als auch durch die Schulleitung und die Bezirksregierung. „Alle Lehrer*innen sollen wissen, dass es nicht nur ihr Recht ist, menschenfeindliche und rassistische Positionen der AfD zu thematisieren, sondern dass dies explizit zu ihrem demokratischen Bildungsauftrag gehört“, so Fereidooni und Schedler.
Ruhr-Universität Bochum Fakultät für Sozialwissenschaft
Ansprechpartner
Prof. Dr. Karim Fereidooni
Tel. 0234/32-28808
Email: Karim.Fereidooni@rub.de
Jan Schedler
Tel. 0234/32-27133
Email: Jan.Schedler@rub.de