Pressemitteilung – Initiative Schwarze Menschen in Deutschland kritisiert das Urteil des BGH im Fall von Oury Jalloh

Beschämend: Kein neuer Prozess
Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) kritisiert das Urteil des BGH im Fall von Oury Jalloh

Alle Revisionsanträge: abgelehnt. Das alte Urteil hat Bestand. Doch: Wer trägt die Schuld an Oury Jallohs Tod? Neun Jahre nach seinem Verbrennen in einer Zelle des Dessauer Polizeireviers am 7. Januar 2005 bleibt diese Antwort offen und ein angemessener Schuldspruch für den Polizisten, der 2012 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, unerreicht. „10 800 Euro für ein Menschenleben“ kritisierte die ISD das Urteil damals. Und kritisiert heute das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), das diese Verurteilung bestätigte und damit auch die Annahme, dass Jalloh seine Matratze selbst angezündet habe. “Es ist beschämend, dass in Deutschland ein Mensch in staatlichem Gewahrsam unter ungeklärten Umständen zu Tode kommt und keine Aufklärung erfolgt”, heißt es aus dem ISD-Vorstand.
Die ISD unterstützt den Kampf von Gruppen, wie der der „Initiative zum Gedenken an Oury Jalloh“ , die seit Jahren Gerechtigkeit für seinen Tod einfordert. 2008 sprach das Landgericht Dessau den verantwortlichen Dienstgruppenleiter vom Vorwurf der Körperverletzung frei, obwohl dieser einen durch den Brand ausgelösten Feueralarm zwei Mal deaktiviert hatte und an einen Fehlalarm geglaubt haben will. 2010 hob der BGH das Urteil wegen gravierender Mängel auf. Ende 2012 verurteilte das Landgericht Magdeburg den heute 54-Jährigen Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10 800 Euro: Weil er den unter Alkohol und Drogen stehenden Jalloh trotz des Wissens um dessen „Selbstverletzungsversuche“ ohne ständige optische Überwachung eingesperrt hatte. Jedoch sah das Landgericht den Verdach als widerlegt an, dass der gefesselte Jalloh in seiner Zelle ermordet worden sein könnte und ging davon aus, dass er sich festgeschnallt auf einer schwer entflammbaren Liege selbst angezündet hatte. Doch auch ein neues Gutachtens von November 2013, das zum Ergebnis kommt, dass der Brand in Jallohs Zelle nur durch Einsatz eines Brandbeschleunigers habe erreicht werden können, hat bisher zu keiner neuen Verhandlung geführt.
So ertönt nicht ohne Grund der langjährige Vorwurf in Form des Protestrufs: „Oury Jalloh – Es war Mord“. Auch die ISD verlangt Aufklärung, da die genauen Umstände des Todes noch immer ungeklärt sind und scheinbar auch ungeklärt bleiben sollen. “Dass vom Gericht keine Rechtsfehler festgestellt wurden und Jalloh den Brand selbst verursacht haben soll, wirkt wie eine Farce”, heißt es aus dem ISD-Vorstand. “Die Tatsache, dass Oury Jalloh nach der Polizeikontrolle rechtswidrig in Gewahrsam gehalten wurde, nachdem seine Identität festgestellt worden war, zeigt einen von vielen Fehlern auf. Ein Polizeibeamter muss die Gesetze kennen, die er tagtäglich anwendet. Den Tod eines Menschen durch einen so genannten ‘unvermeidbaren Verbotsirrtum’ zu entschuldigen ist nicht nachvollziehbar.”