PM Museumskonferenz in Tansania: Afrikanische Expert*innen fordern Restitutionen


Berlin Postkolonial e.V.

Pressemitteilung

12.03.2020 

Restitution als Regierungsauftrag

Bundesregierung fördert transkontinentale Museumskonferenz in Tansania: Teilnehmende sprechen sich für zeitnahe Rückgaben von Kolonialraub, für Sammlungstransparenz und für community-bezogene Museen aus

Am 5./6. März 2020 fand in Dar es Salaam/Tansania die vom Goethe Institut, vom tansanischen Nationalmuseum, vom Hamburger Museum am Rothenbaum (MARKK) sowie von Berlin Postkolonial konzipierte Konferenz „Beyond Collecting: New Ethics for Museums Museums in Transition“ statt. Die teilnehmenden Expert*innen – darunter Historiker*innen, Kurator*innen, Künstler*innen, Aktivist*innen und Mitarbeiter*innen des Auswärtigen Amtes aus Deutschland und seinen ehemaligen Kolonien Tansania, Ruanda, Namibia und Samoa – waren aus 12 verschiedenen Ländern angereist.

Den Abschluss der Tagung bildete am Abend des 6. März eine öffentliche Paneldiskussion mit den Expert*innen Dr. Winani Thebele (Botswana), Prof. Ciraj Rassool (Südafrika) und Prof. Oswald Masebo (Tansania) sowie von deutscher Seite mit dem Generalsekretär des Goethe Instituts Johannes Ebert und mit Prof. Barbara Plankensteiner vom MARKK. Dabei wurden die Ergebnisse der vorhergehenden Tagung zusammengefasst.

Die afrikanischen Fachleute überzeugten mit großer Klarheit in ihren Positionen. Sie forderten die Museen in Deutschland zur schnellstmöglichen Rückgabe der für rassistische Forschungen aus den Kolonien verschleppten Ahnen und zur Restitutionsbereitschaft bzgl. bedeutender Kultur- und Naturobjekte aus ihren Ländern auf. Ciraj Rassool sprach sich für Sammlungstransparenz aus und bezog sich explizit auf den grundlegenden Restitutions-Bericht, den Felwine Sarr und Bénédicte Savoy 2018 im Auftrag des französischen Präsidenten Emmanuelle Macron erstellt haben.Oswald Masebo unterstützte Rassools Forderungen und plädierte für zeitnahe Rückgaben an Tansanias Communities und Museen. Er betonte, dass sich neben der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft nun endlich auch die tansanische Regierung der Angelegenheit annehmen und Deutschland zur Veröffentlichung seiner ostafrikanischen Sammlungsbestände und zu Restitutionen drängen müsse. Winani Thebele strich die Verpflichtung von Museen im Globalen Norden wie auch im Süden gegenüber den Gemeinschaften, deren Objekte präsentiert würden, heraus.

Ebert und Plankensteiner zeigten sich für offen gegenüber diesen Forderungen, erklärten sich jedoch für nicht entscheidungsbefugt in Sachen Restitution, die in der Regel von Bund, Ländern oder Kommunen genehmigt werden muss. Einen Eindruck vom desolaten Zustand vieler ethnografischer Sammlungen in Deutschland bekam das tansanische Publikum als die Direktorin des MARKK einräumen musste, dass sie (noch) keinen genauen Überblick über die Anzahl der Objekte aus Tansania in ihrem Haus hätte.

Bund, Länder und Kommunen haben die Inventarisierung und Provenienzforschung zu ethnografischen und anthropologischen Sammlungen über Jahrzehnte hinweg vernachlässigt und bisher kaum Rückgaben erlaubt oder gar angeboten. Allein in der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) befinden sich seit 2012 über 260 Ahnen aus Tansania und über 900 angeeignete Schädel und Skelette aus Ruanda, wie die Stiftung kürzlich bekanntgegeben hat. Ungeachtet aller Forderungen der Nachfahren Kolonisierter wurden aus Deutschland bisher noch keine human remains oder Objekte nach Ostafrika restituiert.

Konferenzankündigunghttps://www.goethe.de/de/uun/prs/med/m20/21757426.html

Kontakt: Berlin Postkolonial e.V., buero(at)berlin-postkolonial.de01799 100 976