„Racial Profiling“ – Menschenrechtswidrige Personenkontrollen

„Racial Profiling“ – Menschenrechtswidrige Personenkontrollen nach  § 22 Abs. 1 a Bundespolizeigesetz Empfehlungen an den Gesetzgeber, Gerichte und Polizei.
Autor:  Hendrik Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte
Mit „Racial Profiling“ wird die Methode bezeichnet, das physische Erscheinungsbild, etwa Hautfarbe oder Gesichtszüge, einer Person als Entscheidungsgrundlage für polizeiliche Maßnahmen wie Personenkontrollen, Ermittlungen und Überwachungen heranzuziehen. In jüngerer Zeit ist diese Polizeipraxis infolge von Gerichtsverfahren verstärkt in die öffentliche Diskussion geraten. Kritik üben betroffene Einzelpersonen, Stimmen aus der Wissenschaft, Betroffenenorganisationen und Organisationen, die sich gegen Rassismus engagieren. Hingegen hat die Politik das Thema noch nicht recht aufgegriffen.
Aus Sicht des Deutschen Instituts für Menschenrechte ist es dringend erforderlich, dass sich die Politik in Bund und Ländern der Problematik annimmt. Kritik an „Racial Profiling“ äußern internationale und europäische Menschenrechtsgremien schon seit geraumer Zeit. Im Rahmen des Universal Periodic Review (UPR)- Verfahren vor dem UN-Menschenrechtsausschuss haben jüngst auch andere Staaten Deutschland aufgefordert, dafür zu sorgen, dass eine Polizeipraxis des „Racial Pofiling“ unterbleibt. Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Kontrollpraxis, die sich auf den Verantwortungsbereich und das Handeln der Polizei beschränkt, greift zu kurz. Dem vorgelagert sind vielmehr die gesetzlichen Handlungsaufträge und Eingriffsermächtigungen der Polizei. Diese müssen also vorrangig in den Blick genommen und daraufhin untersucht werden, ob sie grund- und menschenrechtlichen Diskriminierungen Vorschub leisten. Gesetzesbestimmungen verstoßen ja nicht nur dann gegen ein Diskriminierungsverbot, wenn sie offensichtlich an unzulässige Unterscheidungskriterien wie das der „Rasse“ anknüpfen, sondern auch, wenn scheinbar neutrale Formulierungen zu rassistischen Diskriminierungen führen.
Die vorliegende Studie geht der Frage nach der menschenrechtlichen Zulässigkeit von „Racial Profiling“ am Beispiel von ¨ 22 Abs. 1 a Bundespolizeigesetz (BPolG) nach. Sie zeigt auf, dass aus Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes sowie aus europäischen und internationalen Menschenrechtsbestimmungen die staatliche Verpflichtung folgt, keine rassistischen Personenkontrollen vorzunehmen. Sie erläutert, warum es der Polizei demnach untersagt ist, bei anlasslosen Personenkontrollen das phänotypische Erscheinungsbild eines Menschen als Auswahlkriterium heranzuziehen. In Bezug auf ¨ 22 Abs. 1 a BPolG identifiziert die Studie gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Dieser besteht auch bei anderen Gesetzen auf Bundes- oder Landesebene, soweit sie einen vergleichbaren Regelungsinhalt haben. Gerichte und polizeiliche Praxis können und müssen schon vor Gesetzesänderungen den grundund menschenrechtlichen Anforderungen zum Durchbruch verhelfen.
Aus dem Verbot rassistischer Diskriminierung folgt die Pflicht des Staates sicherzustellen, dass Staatsorgane keinen Menschen aufgrund unveränderlicher Merkmale pauschal verdächtigen. Solche Behandlung missachtet den Anspruch auf Achtung als Gleicher, der jedem Menschen aufgrund seiner Menschenwürde zukommt, und grenzt ihn aus der Gemeinschaft aus. Bei der kritischen Auseinandersetzung mit „Racial Profiling“ geht es daher nicht um eine Randfrage des Polizeirechtes, sondern um ein Kernanliegen des freiheitlichen und auf Menschenrechten basierenden Rechtsstaates.
Prof. Dr. Beate Rudolf
Direktorin Deutsches Institut für Menschenrechte
 
Die ganze Studie finden Sie http://www.institut-fuer-menschenrechte.de/uploads/tx_commerce/Studie_Racial_Profiling_Menschenrechtswidrige_Personenkontrollen_nach_Bundespolizeigesetz.pdf