Sie kontrollieren uns, weil wir Schwarz sind II

Berlin, 14.05.2012: Morgen steht erneut eine Betroffene von racial
profiling wegen Beleidigung von Polizeibeamten vor Gericht. Die Kampagne
für Opfer rassistischer Polizeigewalt (KOP) und der Migrationsrat Berlin
Brandenburg rufen zur Prozessbeobachtung auf
am 15. Mai 2012 ab 8:45Uhr
im Amtsgericht Tiergarten
Kirchstraße 6, 10557 Berlin
Raum 4104
Was passiert ist:
Am 12. August 2010 ist Talha B.* gemeinsam mit ihrem Bruder Adjatay B.*
und ihrem zwei Wochen alten Baby im Auto unterwegs. In Charlottenburg
werden sie von Polizeibeamten gestoppt. Diese behaupten Adjatay B. hätte
während des Fahrens telefoniert. Adjatay B. bestreitet das. Als Talha B.
aussteigt, um von den Polizeibeamten zu erfahren, was los sei, entgegnen
diese ihr: „Halt die Klappe, du mit deinem Affenbaby“ und „Wir sind hier
nicht in Afrika“.
Talha B. zeigt die Beamten wegen Beleidigung an, das Verfahren wird jedoch
eingestellt.
Morgen muss sich nun Talha B. in einem Verfahren rechtfertigen. Durch ihre
Meinungsäußerung gegenüber ihrem Bruder „Sie kontrollieren uns nur, weil
wir Schwarz sind“, fühlen sich die Polizeibeamten beleidigt und zeigen
sowohl Talha als auch Adjatay B. ein.
Gegen Adjatay B. wird im August 2011 das Verfahren wegen „Beleidigung“
eröffnet. Sein Anwalt argumentiert, dass racial profiling und Rassismus in
der Polizei als Probleme anerkannt seien und Adjatay B. seine Meinung
hierzu äußern könne. Das Verfahren wird eingestellt.
Talha, Adjatay und wir lassen uns nicht verbieten, rassistische Realitäten
beim Namen zu nennen. Wir stehen gemeinsam an ihrer Seite und werden den
Prozess begleiten.
Denn nicht alle Verfahren, in denen Betroffene von racial profiling wegen
Beleidigung vor Gericht stehen, werden eingestellt, ein Freispruch ist
bislang nicht bekannt. Die letzte bekannte Verurteilung hingegen liegt
erst wenige Wochen zurück: am 7. März 2012 wurde Abasi O* zu einer
Geldstrafe von 900€ wegen Beleidigung zweier Polizeibeamter verurteilt.
Der im Grundgesetz Artikel 3 formulierte Anspruch, dass alle Menschen vor
dem Gesetz gleich sind und niemand „wegen seines Geschlechtes, seiner
Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft,
seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen
benachteiligt oder bevorzugt werden“ darf, ist nicht garantiert, vielmehr
muss er immer wieder aufs Neue erkämpft werden. Der Gerichtsaal ist einer
der machtvollsten Räume, in denen rassistische Vorurteile durchgesetzt und
rassistische Praktiken legitimiert werden. Das hat zu letzt das Urteil des
Koblenzer Verwaltungsgerichts vom 28.02.2012 deutlich gezeigt. Demnach sei
die grundgesetzwidrige Praxis des racial profilings, bei dem die Polizei
Menschen allein aufgrund äußerlicher Merkmale, wie der Hautfarbe
kontrolliert, legitim.
Weitere Informationen zu dem Prozess von Abasi O* und dem Koblenzer Urteil
finden Sie auf der Homepage von KOP www.kop-berlin.de

Ansprechpartner_innen:

Biplab Basu
Reach Out/ Ariba e.V. & KOP
Tel.: 030/ 695 683 44
E-Mail: biplab_basu@reachoutberlin.de
Angelina Weinbender
Migrationsrat Berlin Brandenburg e. V.
Oranienstr. 34, 10999 Berlin
Tel.: +49(30) 616 587 55
E-Mail: info@mrbb.de
Die PM im Wortlaut sie-kontrollieren-uns-weil-wir-schwarz-sind-ii_14052012.pdf