Lieber El Loko,
Wie sehr geht es mir nahe, dich verloren zu haben, einen Bruder, eine Vaterfigur. Dein Tod bedeutet erneut die Chance verpasst zu haben einen prallen Korb an Erfahrung, Rat und Beistand nutzen zu können.
Wir sind uns kaum begegnet und doch begleitest du mich seit einer Ausstellung, die ich 1997 von dir in einer Münchener Galerie sah.
Da lag bereits ein langer Weg hinter Dir, aufgebrochen inmitten der Unabhängigkeiten hinein in ein Land, dass begann seine gewalttätige Geschichte nicht mehr zu verdrängen.
Du verlässt wie so viele von uns den Kontinent, schwimmst durch Fatamorganen von Selbst- und besonders Fremdbildern und gerätst zwischen die Mühlsteine der Bürokratie.
Dir gelingt es hier im Land deiner Kindheitsträume, dein eigenes Werk zu schaffen. Nachdem du 1971 deine künstlerische Ausbildung in Düsseldorf bei Joseph Beuys fortsetzt wirst du zu El Loko.
Du entdeckst in Deutschland, dass es neben den Werten von Fleiß und Pünktlichkeit auch die Phänomene Borniertheit und Rassismus gibt. Aber hier offenbart sich dir auch, dass deine Kunst mehr sein wird, als Selbstbestätigung eines Individuums und dass du die Kraft und den Ausdruck bereits dafür mitgebracht hast und in dir trägst.
Als ich dich vor Jahrzehnten bei meinem kleinen Vortrag über Schwarze Künstler in der BRD traf, da hatten wir gerade begonnen unsere eigenen Experten zu sein und du hast uns den Weg bereitet.
Deine Forschung, die afrikanische Kunst betreffend, hat dir schnell klargemacht, dass es kein kompetentes, brauchbares wissenschaftliches Werk hierüber gibt. Uns hat deine intensive Auseinandersetzung nicht zu letzt die „kosmischen Lettern“ und „Weltengesichter“ geschenkt.
Du hast uns damit im wahrsten Sinne bildhaft gemacht, dass es uns am elementarsten Handwerkszeug fehlt und jeder Mensch aufgerufen ist, dieses mitzugestalten: Zeichen und Sprache für das Miteinander von Menschen, die keiner Schublade mehr anzugehören bereit sind und sich auf Augenhöhe begegnen möchten.
Ich danke dir und trage dich im Herzen
Christiane Della