Pressemitteilung zur Freilassung von Ralf Wohlleben
Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) reagiert mit Entsetzen auf die, bei der Urteilsverkündung absehbare, Entscheidung des Münchner Oberlandesgerichts (OLG) Ralf Wohlleben – Mitbegründer und einer der wichtigsten Unterstützer des NSU – heute auf freien Fuß zu setzen.
Bereits das Urteil am 11. Juli 2018 – bei dem mit André Eminger eine der zentralen Figuren des braunen Terrornetzwerks unmittelbar frei gelassen wurde – war ein Skandal. Mit der Freilassung von Ralf Wohlleben, derjenige, der die Tatwaffe beschaffte und damit die größte faschistische Mordserie der Nachkriegsgeschichte erst ermöglichte, hat der 6. Strafsenat des OLG sich erneut vor seiner historischen Verantwortung gedrückt und Rechtsradikalen das Zeichen gesendet, dass sie ohne Angst vor relevanten Konsequenzen genauso weiter machen können wie zuvor.
Die Begründung des Gerichts, dass bei Wohlleben „keine Fluchtgefahr“ mehr bestehe ist geradezu zynisch und ein weiterer Schlag ins Gesicht für die Angehörigen und Betroffenen des NSU-Terrors, die das Urteil von letzter Woche noch verarbeiten müssen.
Die Tatsache, dass die Freilassung Wohllebens eine Woche nach dem Urteil beschlossen wurde, scheint strategischen Erwägungen geschuldet zu sein, denn die Freilassung dürfte bereits am 11. Juli festgestanden haben. Die Sicherheitsbehörden befürchteten wohl einerseits unkalkulierbare Folgen durch den Protest der tausenden Demonstrant*innen, der wohl deutlich lauter ausgefallen wäre und andererseits zu großes Medieninteresse an dieser skandalösen Entscheidung.
Was bleibt unterm Strich? Eine jubelnde Neonazi-Szene, die sich ein weiteres Mal in ihrem Handeln durch die Rechtsprechung bestätigt sieht. Ein Oberlandesgericht, das einmal mehr Gnade für Rechtsextreme walten lässt. Und die Hinterbliebenen, deren Bedürfnisse einmal mehr mit Füßen getreten werden. Darüber hinaus werden mit der Freilassung der zweiten zentralen Person des NSU Netzwerkes weitere Ermittlungsverfahren bereits jetzt torpediert und die in München nicht angeklagten Mittäter können sich vor weitern Ermittlungen sicher fühlen.
Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland zeigt sich solidarisch mit den Angehörigen der Opfer, sowie allen Initiativen, die sich gegen die Verharmlosung, Vertuschung und Verhöhnung der Verbrechen des NSU wenden und ruft dazu auf auch weiterhin für eine lückenlose Aufklärung und insbesondere die Verwicklungen von Verfassungs- und Ermittlungsbehörden einzutreten.
Auch weiterhin werden wir den Betroffenen zur Seite zu stehen und gegen die faschistischen Bewegungen Widerstand leisten, denn
wo Unrecht zu Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht!