ISD-Statement zur Europawahl

Die Europawahlen zeugen seit  Jahren vom Anstieg der Stimmen für rechtsextreme Parteien in Deutschland und Europa. Diese Entwicklung ist alarmierend und sollte uns alle zu einer kritischen Reflexion über die Ursachen und möglichen Konsequenzen führen.

Der Erfolg rechtsextremer Parteien in verschiedenen Ländern ist auf ähnliche Ursachen zurückzuführen, zu denen neben anderen Faktoren die Folgenden gehören: Unzufriedenheit mit den etablierten politischen Parteien, wirtschaftliche Unsicherheiten, diffuse Ängste vor Migration und Globalisierung sowie das Gefühl, dass die nationalen Identitäten bedroht sind. Die rechtsextremen Parteien spielen mit den Ängsten und Sorgen der Menschen, um ihre politischen Agenden zu fördern.

In Deutschland hat die Alternative für Deutschland (AfD) signifikante Gewinne verzeichnet. Dies spiegelt einen tiefen Riss in der Gesellschaft wider, der sich in der Ablehnung traditioneller politischer Eliten und der Suche nach einfachen Lösungen für komplexe Probleme manifestiert. Die AfD hat es geschafft, durch populistische Rhetorik und gezielte Kampagnen ein breites Wähler*innensegment anzusprechen.

Auf europäischer Ebene zeigt sich ein ähnliches Bild. Parteien wie die Fidesz in Ungarn, die Lega Nord in Italien, der Rassemblement National in Frankreich, die Partij voor de Vrijheid in den Niederlanden, die Sverigedemokraterna in Schweden und die Freiheitliche Partei Österreichs haben ebenfalls an Einfluss gewonnen. Diese und zahlreiche weitere Parteien teilen viele ideologische Grundsätze wie den Nationalismus, die Ablehnung der Europäischen Union und eine restriktive Einwanderungspolitik.

Das Erstarken rechtsextremer Parteien bedroht die Menschenrechte und fördert die Normalisierung menschenfeindlicher Ideologien wie Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit und Ableismus. Schon jetzt ist ein dramatischer Anstieg rassistischer Hetze gegen Menschen afrikanischer und asiatischer  Herkunft sowie antimuslimischer und antisemitischer Hassreden in den EU-Staaten zu verzeichnen. Die Zunahme von Diskriminierung und Ausgrenzung in fast allen europäischen Ländern führt dazu, dass sich immer mehr Menschen zurecht auf dem europäischen Kontinent unsicher und bedroht fühlen.

Der Erfolg der rechtsextremen Parteien zeigt aber auch, dass die Antwort der etablierten Parteien nicht darin bestehen kann, die Rhetorik und Politik der rechten Parteien zu imitieren. Dadurch werden menschenfeindliche Haltungen lediglich legitimiert. So sind die menschenverachtende europäische Abschottungspolitik oder die verschärfte Abschiebepraxis in Deutschland eine reale Gefahr für Menschen, die aufgrund historisch gewachsener Ausbeutungsverhältnisse gezwungen sind, nach Deutschland zu fliehen und versuchen, hier Fuß zu fassen. Während rechtsextreme Parteien immer neue Forderungen stellen, zeigen auch die etablierten Parteien seit Jahren ihre Bereitschaft, Grundrechte wie das Recht auf Asyl und auf körperliche Unversehrtheit auszuhöhlen. Die aktuellen Wahlergebnisse beweisen jedoch, dass dieser politische Kurs den etablierten Parteien nicht hilft, sondern die rechtsextremen Parteien weiter stärkt.

Es ist von größter Bedeutung, dass menschenfreundliche Kräfte in Europa gemeinsam gegen die rechtsextreme Bedrohung vorgehen. Dies erfordert eine klare und entschlossene Haltung gegen Rassismus und andere ausgrenzende Praktiken, die Stärkung sozialer Gerechtigkeit und wirtschaftlicher Sicherheit sowie die Förderung eines offenen und konstruktiven Dialogs innerhalb der Gesellschaft.

Es liegt in unserer gemeinsamen Verantwortung, dem Aufstieg menschenverachtender Kräfte entgegenzuwirken und die Zukunft Europas auf der Grundlage von akzeptierter Vielfalt, Solidarität und Zusammenhalt zu gestalten.