Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) nimmt das am 11. Juli 2018 verkündete Urteil im NSU Prozess mit absolutem Unverständnis und Fassungslosigkeit zur Kenntnis.
Zwar wurde für die Hauptangeklagte Beate Zschäpe das Höchstmaß ausgeschöpft, andere Mitangeklagte – wie Ralf Wohlleben – kamen hingegen mit verhältnismäßig geringen Haftstrafen davon.
Vollkommen inakzeptabel ist für uns jedoch die Entscheidung des Gerichtes in München mit Blick auf den Angeklagten Andre E., dessen Entlassung am Tag der Urteilsverkündigung aus der Haft aus unserer Sicht ein Skandal erster Güte darstellt und ein fatales Signal an die rechtradikale Szene sendet.
Ersichtlich wurde dies bereits anhand der Reaktion seiner Gesinnungsgenossen im Gerichtsaal die das Urteil mit Jubel und Beifall quittierten.
Das Urteil ist, wie es ein Anwalt der Nebenklage am Tag der Urteilsverkündung gesagt hat, kommt einer Aufforderung an Nazis gleich die sagt: Ihr könnt mordend durch Deutschland ziehen, Bomben legen und Banken überfallen und habt dennoch nichts zu befürchten.
Auch die Einschätzung hinsichtlich des V-Manns Andreas Temme stellt unserer Auffassung nach einen grandiosen Irrtum dar. Ihm bescheinigte das Gericht letztlich Glaubwürdigkeit, was in Anbetracht der – vorsichtig formuliert – ominösen Rolle des Verfassungsschutzes völlig grotesk erscheint und an Absurdität kaum zu überbieten ist.
Gleichwohl bietet die Schlussfolgerung des Vorsitzenden Richters Manfred Götzl, – der eigentlich für seine harten Urteile bekannt ist -, einen Einblick auf die Prioritäten des 6. Strafsenats, dem es offenbar zu keinem Zeitpunkt um die dringend gebotene schonungs- und lückenlose Aufklärung ging.
Das Urteil soll die These des „Trios“ festschreiben und weitere Ermittlungen unmöglich machen.
Auch nach der Urteilsverkündung sind entscheidende Fragen ungeklärt, bleiben Anklagen aus, werden Akten zurückgehalten oder für 120 Jahre unter Verschluss gebracht.
Im Zentrum der offenen Fragen steht dabei einerseits das Netzwerk, ohne dass Zschäpe, Mundlos und Bönhardt nicht über ein Jahrzehnt hinweg weitgehend unbehelligt ihre Verbrechen hätten verüben können.
Andererseits wurde die Rolle der staatlichen Institutionen vollkommen ausgeblendet, was vor allem unter Berücksichtigung der mehr als offenkundigen Verstrickung der Verfassungsschutzbehörden eine Ungeheuerlichkeit sondergleichen darstellt und von den Hinterbliebenen der Ermordeten, sowie den Anschlagsopfern als Schlag ins Gesicht empfunden wird.
Die ISD zeigt sich solidarisch mit allen von dem NSU-Terror Betroffenen, sowie den zahlreichen Initiativen die eine ebenso schonungs- wie lückenlose Aufklärung der zahlreichen offenen Fragen einfordern.
Das ist das Mindeste was die Angehörigen erwarten können!