Pressemitteilungen & Statements
Berlinale Film “Der vermessene Mensch”: Reproduktion von Anti-Schwarzem Rassismus und eine verpasste Chance deutsche Kolonialgeschichte kritisch aufzuarbeiten
30. März 2023
- Reproduktion Anti-Schwarzer und kolonialer (Bild-)Sprache!
- Zentrierung einer weiß-deutschen Narrative
- Notwendigkeit von Expert*innen für dekoloniale Perspektiven und Schwarzer Filmschaffender
Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V. reagiert schockiert und mit Befremden auf den Spielfilm „Der vermessene Mensch“ von Lars Kraume, der auf der 73. Berlinale seine Premiere feierte und seit dieser Woche landesweit in den Kinos ausgestrahlt wird.
Kern der Kritik ist, dass sich die Initiative Schwarze Menschen gegen das wiederholte Präsentieren anti–Schwarzer und kolonialer (Bild-) Sprache aussprechen. Szenen in denen Schwarze Menschen vermessen, oder in Konzentrationslagern festgehalten werden, wurden bereits zu Genüge produziert und haben nicht Empathie, sondern Abstumpfung zur Folge.
„Seine re-traumatisierende Erzählweise ist für den Schulunterricht ungeeignet. Insbesondere Schwarze Kinder und Jugendliche müssen vor rassistischer Gewalt geschützt werden“, betont Adiam Zerisenai, inhaltliche Projektleitung der ISD im KomPAD (Kompetenznetzwerk Anti-Schwarzer Rassismus).
Zusätzlich kritisieren wir die Fokussierung auf eine weiß-deutsche Perspektive, die sich durch die Erzählung von „Der vermessene Mensch“ zieht. Die ISD ist verwundert über eine Darstellung des Genozids an den OvaHerero und Nama, die sich vor allem auf das Erleben des weißen Protagonisten stützt.
Die Kritik richtet sich auch an die Entscheidung des Filmemachers jegliche Formen des Widerstands nicht in „Der vermessene Mensch“ einfließen zu lassen. Der historische Widerstand der OvaHerero und Nama ist gut dokumentiert, dennoch verfolgt der Spielfilm ein Narrativ, in dem die beiden Bevölkerungsgruppen in erster Linie passive Akteure darstellen.
Der Film ist ein Beispiel einer verpassten Chance sich auf eine adäquate Weise mit dem deutschen Kolonialismus im Allgemeinen und dem Völkermord an den OvaHerero und Nama im Konkreten zu befassen. Eine Zusammenarbeit mit Schwarzen Filmschaffenden und Expert*innen für dekoloniale Perspektiven wäre eine Möglichkeit gewesen dieser wichtigen Geschichte und ihren Akteur*innen den verdienten Raum zu geben.
Pressemitteilung hier als PDF downloaden
Scharfe Kritik und Forderungen angesichts rassistischer Praxen an der EU-Grenze zur Ukraine
01. März 2022
- Anti-Schwarzer Rassismus hinein bis in die Humanitäre Notlage!
- Grenzpolizei verweigert Schwarzen und afrikanischen Menschen die EU-Grenze aus der Ukraine zu überqueren!
- Unverzügliche und unbürokratische Grenzüberschreitung auch für afrikanische und Schwarze Menschen muss ermög-licht werden!
Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD Bund e. V.) reagiert mit Fassungslosigkeit, tiefem Befremden und absolutem Entsetzen, auf die Verweigerungen der Grenzpolizei, Schwarze Menschen, unter ihnen afrikanische Studierende, die EU-Grenze zur Ukraine überqueren zu lassen.
Dass die Flucht aus der Ukraine für Schwarze Personen, insbesondere Studierende aus afrikanischen Ländern, erschwert und die Aus- sowie Weiterreise verhindert wird, offenbart wieder einmal die unverändert tiefsitzenden rassistischen Gedankenmuster – besonders in den europäischen Grenz- und Einreisepolitiken.
Diese Diskriminierung verdeutlicht einmal mehr die Wirkungsmacht von Anti-Schwarzem-Rassismus bis hinein in humanitäre Notlagen. Solche Praktiken sind tief in den heutigen globalen Machtverhältnissen verankert, die wiederum eine direkte Folge, der mit Gewalt durchgesetzten kolonialen europäischen Expansion sind.
Die deutsche Bundesregierung und die Europäische Union haben in den letzten Jahren, auch angesichts der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Herkunft, immer wieder den Willen formuliert, sich der Aufarbeitung der nationalen, sowie europaweiten kolonialen Vergangenheit zu stellen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um dem begangenen Unrecht mit den aktuellen Menschenleben verachtenden Folgen kolonialer Kontinuität mit Humanität zu begegnen.
Vor diesem Hintergrund solidarisieren wir uns mit den afrikanischen und Schwarzen Menschen, die derzeit aus der Ukraine und aus Belarus vor Krieg, Hunger und dem drohenden Tod fliehen.
Wir fordern die Bundesregierung und EU-Kommission auf:
• das Ermöglichen einer unverzüglichen und unbürokratischen Grenzüberschreitung,
auch der afrikanischen und Schwarzen Menschen, die der Kriegssituation entfliehen müssen!
• die sofortige Aufnahme aller afrikanischen und Schwarzen Flüchtenden aus der Ukraine, sowie Gewährung der gleichen Hilfen und Unterstützungen
wie anderen Flüchtenden!
• sichere und schnelle Weiterführungen in die Bundesrepublik Deutschland!
• Gewährung eines vereinfachten Zugangs zu Studierendenvisa für die Fortsetzung des Studiums in der Bundesrepublik!
Das ISD Statement findet ihr hier auch als PDF
Scharfe Kritik an Visa-Verweigerung
04. Februar 2022
- Forschungsteam aus Kamerun darf zu Provinienzforschung nicht Einreisen
- Begründung der Visa-Ablehnung offenbart unveränderte rassistische Gedankenmuster
- sämtliche Papiere, die für die Einreise erforderlich sind müssen unverzüglich ausgestellt werden
Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD Bund e. V.) und AfricAvenir reagieren mit Fassungslosigkeit, tiefem Befremden, und absolutem Unverständnis auf die Ablehnung des Visa-Antrags der Forscher*innen aus dem Umfeld von Prof. Albert Gouaffo (Universität Dschang/Kamerun) durch die deutsche Botschaft in Jaunde.
Abgesehen von der Tatsache, dass sich die Bundesrepublik im vorliegenden Sachverhalt schon deshalb widersprüchlich verhält, da die Einladung des kamerunischen Forschungsteams anlässlich einer Konferenz zum Abschluss eines Provinienzforschungsprojekts durch das Münchner Museum „Fünf Kontinente“ ausgesprochen wurde – einer staatlichen Einrichtung nota bene -, während eine andere Institution des gleichen Staates die dafür erforderlichen Voraussetzungen verweigert, ist die Begründung der Botschaft entlarvend und offenbart einmal mehr die unverändert tief sitzenden rassistischen Gedankenmuster westlicher Institutionen:
Die Ablehnung seitens der Pass- und Visastelle, welche den Forscher*innen eine mangelnde Bereitschaft zur Rückreise nach Tagungsabschluss unterstellt, ist bezeichnend für die restriktive Einreisepolitik, selbst zu wissenschaftlichen Zwecken, und an Respektlosigkeit gegenüber Menschen afrikanischer Herkunft im Allgemeinen sowie gegenüber den Wissenschaftler*innen im Besonderen nur schwer zu überbieten.
Die ISD Bund e. V. solidarisiert sich daher mit Prof. Gouaffo sowie dem Team seiner Forschungsstelle und fordert die unverzügliche Ausstellung sämtlicher Papiere, die für die Einreise erforderlich sind. Zudem muss diese Angelegenheit im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages thematisiert und entsprechende Konsequenzen im Auswärtigen Amt gezogen werden, das an oberster Stelle für die Arbeitsweise der Botschaften verantwortlich zeichnet, um Skandalen wie diesem in Zukunft prinzipiell einen Riegel vorzuschieben. Vor dem Hintergrund des durch die Bundesregierung wiederholt formulierten Anspruchs sich der Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit zu stellen, sind solche Maßnahmen zwingend, da es sich andernfalls um eine reine Absichtserklärung handelt, die das Papier nicht wert ist, auf dem sie verfasst wurde.
Das ISD Statement findet ihr hier auch als PDF
Schüsse auf Moschee in Halle:
Antimuslimischer Rassismus wird nicht anerkannt
28. Januar 2022
- Antimuslimischer Rassismus in Halle gefährdet Menschenleben
- Halle muss für die Sicherheit aller Bürger*innen sorgen!
- Sorge um die wachsende Radikalisierung und rechten Terror
Am vergangenen Sonntag wurde zum wiederholten Mal mehrfach auf eine Moschee und Gläubige in Halle geschossen. Antimuslimischer Rassismus gefährdet Menschenleben.
Halle, das bereits zum wiederholten Mal für Schlagzeilen sorgte, zuletzt seit dem Anschlag auf die Synagogen, muss endlich für Sicherheit aller Bürger*innen sorgen!
Die Gewalttaten aus der rechtsextremen Ecke nehmen nicht ab, sondern zu. Es braucht eine solidarische Gesellschaft um für alle ein Leben, ohne Angst, möglich zu machen. Hierbei ist es wichtig, dass Menschen – wie letzten Sonntag in Halle – aufmerksam sind und Gewalttaten sofort den Sicherheitsbehörden melden.
Für uns als Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD Bund e.V.) ist es völlig unverständlich, wie die Polizei in Halle schon zu diesem frühen Zeitpunkt eine politische Gesinnung bei dem Täter ausschließt. Antimuslimischer Rassismus muss erkannt und darf nicht weggewischt werden. Denn Taten wie die hier vorliegende Gewalttat sind immer auch ein Beleg für eine wachsende Radikalisierung. Und das kann gar nicht ernst genug genommen werden.
Das ISD Statement findet ihr hier auch als PDF