Stellungnahme zum Tod von Nelson in der JVA Ottweiler
Nelson (15 Jahre alt) ist tot. Er starb in der Justizvollzugsanstalt Ottweiler – in staatlicher „Obhut“. Sein Tod ist kein tragischer Einzelfall, sondern Teil eines tödlichen Systems, das von strukturellem Rassismus und institutioneller Verantwortungslosigkeit geprägt ist. Wir trauern um Nelson und stehen solidarisch an der Seite seiner Familie, seiner Freund*innen und seiner Community.
Zwischen 1990 und 2022 hat die ISD gemeinsam in der Kampagne Death in Custody recherchiert und dokumentiert: Mindestens 203 Menschen starben in Deutschland in polizeilichem oder justiziellem Gewahrsam. Die Dunkelziffer ist hoch – nicht zuletzt, weil es bis heute keine bundesweite, verpflichtende Erfassung solcher Todesfälle gibt. Diese Intransparenz schützt nicht die Menschen, sondern die Institutionen.
Die zentrale Erkenntnis aus Jahrzehnten Recherche ist eindeutig: Von Rassismus betroffene Menschen sind einem besonders hohen Risiko ausgesetzt, in staatlichem Gewahrsam zu sterben. Der Tod von Nelson muss in diesem Kontext verstanden werden – als Folge eines Systems, das rassistische Strukturen reproduziert, Verantwortlichkeiten verschleiert und Leben gefährdet.
Wir fordern:
- Eine unabhängige, öffentliche und umfassende Untersuchung von Nelsons Tod.
- Sofortige Einführung einer bundesweiten Melde- und Dokumentationspflicht für alle Todesfälle in Gewahrsam.
- Ein Ende der rassistischen Polizeikontrollen, Überwachung und Kriminalisierung, die zu solchen Situationen führen.
In den letzten Jahren hat sich die Zahl der in Haft oder nach polizeilichen Maßnahmen getöteten Menschen erweitert. Menschen wie
Amin Farah (2022), Mouhamed Lamine Dramé (2022), Kupa llunga Medard Mutombo (2022), Lamin Touray (2024), Lorenz A. (2025)
belegen das Schwarze Menschen, Menschen of color und Migrant*innen besonders gefährdet sind.
Auch Nelsons Tod mahnt uns: Solange dieses System so weiterbesteht, sind weitere Todesfälle nicht nur möglich, sondern vorprogrammiert. Wir werden nicht schweigen. Wir werden weiter recherchieren, dokumentieren, anklagen – und wir werden Namen wie den von Nelson nicht vergessen.