Verleumdung und kalkulierte Medienhetze durch AfD Jungaktivisten

Frankfurt am Main, 16.12.2016
Vier Wochen nach einem Antirassismusworkshop an der Uni Frankfurt diffamiert die Jugendorganisation der AfD die Workshopleiter durch Falschaussagen – die Universität Frankfurt teilt daraufhin mit, mit den Workshopleitern nicht mehr zusammenarbeiten zu wollen. Angefragt durch die Koordinatorin für Diversity Policies/Gleichstellungsbüro Rebecca Bahr der Goethe-Universität Frankfurt hatten Tahir Della (Mitvorstand bei der ISD e.V.) und Timo Kiesel am 10.11. für den Berliner Bildungsträger glokal e.V. zuvor einen Workshop durchgeführt. Ziel des Workshops mit ca. 16 Teilnehmer_innen war die Sensibilisierung der Teilnehmenden für Rassismus im Hochschulkontext und eine entsprechende Bearbeitung des Themas.
Im Verlauf des Workshops wurde über unterschiedliche Formen von Rassismus, wie er in Deutschland auftritt, diskutiert. Dazu gehörte auch die Diskussion darüber was Menschen unternehmen können/sollen wenn sie Zeug_innen von rassistischen Handlungen werden. In diesem Kontext wurde auch über rassistisch motivierte Polizeikontrollen gesprochen.
Die Referenten führten weiterhin aus, dass diese als „racial profiling“ bezeichneten Kontrollen ohne konkreten Tatverdacht Menschen unter Generalverdacht stellen, gesellschaftliche Vorurteile verstärken, die Polizeiarbeit erschweren und das Vertrauen in die Polizei innerhalb der betroffenen Gemeinschaften mindern. Diese Form der Personenkontrollen verletzen die Menschenrechte der Kontrollierten, wie deutsche Gerichte, das deutsche Institut für Menschenrechte und die Vereinten Nationen mehrfach klargestellt haben. Angesichts dieser Unverhältnismäßigkeit stellten die Referenten dar, dass ziviler Ungehorsam durchaus eine legitime Reaktion auf racial profiling darstellen kann. Es wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt zu zivilem Ungehorsam oder, wie in der Stellungnahme der Jungen Alternativen steht, gar zu Gewalt gegen Polizist_innen aufgerufen.
Das in Betracht nehmen von kritischen Nachfragen bzw. das Äußern von Kritik gegenüber der Polizei ist nicht nur unserer Ansicht nach politisch vertretbar sondern auch durch das Grundgesetz* legitimiert. Auch das in Betracht nehmen von Zivilen Ungehorsam war an dieser Stelle Teil der Diskussion des Workshops und ein Blick in die jüngere Geschichte belegt, dass dies ein wichtiges Instrumentarium im anti-rassistischen und antikolonialen Widerstand war und ist.
Rund 4 Wochen nach der Veranstaltung versucht nun die Junge Alternative, die Jungorganisation der AfD, mit gezielter Medienhetze und inhaltlich wie sachlich falschen Unterstellungen vor allem den Referenten Tahir Della zu beschädigen. Diese Unterstellungen seitens des anwesenden Jonas B. der Jungen Alternative gipfeln in seinem YouTube Clip in dem Vorwurf, dass ein Aufruf zur Gewalt gegen Polizisten ausgesprochen worden wäre. Im Video wird Besorgnis darüber geäußert, dass ein unzulässig ausgeweitetes Verständnis von Rassismus präsentiert und im Rahmen der Kritik an rassistischen Polizeikontrollen zu illegalen Handlungen aufgefordert worden sei. Es sind jedoch vielmehr die im Video vertretenen Positionen, die Grund zur Sorge bieten: Neben nachweislichen Falschaussagen offenbart sich in den Anschuldigungen ein Rassismusverständnis, das im Widerspruch zur menschenrechtlichen Definition von rassistischer Diskriminierung** steht. Vor diesem Hintergrund ist die Reaktion der Universität Frankfurt besonders problematisch – die vorauseilende Reaktion auf Diffamierungen darf nicht zum Präzedenzfall werden. Gerade im aktuellen politischen Klima ist die Förderung, nicht die  Verhinderung robuster Debatten um gelebte Zivilcourage im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unerlässlich.
Auch die Ausführung der Universität dass die Inhalte des Workshops nicht ihrem liberalen Selbstverständnis entspricht weil die Referenten möglicherweise infolge von Betroffenheit befangen seien, stellt aus Sicht der ISD, ein problematisches Verhältnis zur Auseinandersetzung mit Rassismus dar. Die Wissenssoziologie und die Science Studies haben gezeigt dass wissenschaftliche „Objektivität“ nur durch eine Diversität unterschiedlicher Standpunkte erreicht werden kann. Folgerichtig muss rassismuskritische Bildungsarbeit, Lehre und Forschung unter Beteiligung von Menschen mit Rassimuserfahrung und ihren essentielle Beiträge auch in Zukunft gestaltet werden..
Als Vorstand der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland stellen wir fest
● Unser Vorstandsmitglied Tahir Della hat während des Workshops weder zur Gewalt gegen Polizisten
aufgerufen, noch hat er aktiv dazu aufgefordert die Arbeit der Polizei zu stören oder zu verhindern.
● Dass die Goethe Universität eine unsachliche und mit Unwahrheiten versehene Kritik eines einzelnen Teilnehmers des Workshops scheinbar zum Anlass nimmt die inhaltliche Auseinandersetzung mit Rassismus an der Goethe Universität zu beenden bzw. die Zusammenarbeit mit glokal beendet.
● Dass ein verzerrtes mediales Bild des Workshops verbreitet wurde, ohne mit weiteren Teilnehmenden gesprochen zu haben.
● Dass die von den Referenten Kiesel und Della angesprochene Möglichkeit der politischen Einmischung bei konkreten Fällen von racial profiling durch Artikel 20 des Grundgesetz juristisch und politisch legitimiert ist.
Wir fordern, dass
● Die Stimmen der restlichen Teilnehmenden gehört werden, um sich ein abschließendes Bild über den Workshop zu erlauben.
● Die Aussagen des AfD Mitglieds und Junge Alternative Aktivisten Jonas B. als das verstanden werden müssen, was sie sind: Gezielte medien-politische Hetze und Provokation.
● Die Goethe Universität sich nicht von den Jungen Alternativen einschüchtern lässt, ihre Handlungen nicht allein auf die Aussagen eines einzigen Teilnehmers stützt und sich stattdessen weiterhin mit Rassismus in Gesellschaft und Universität auseinandersetzt.
● Dass die Universität ihre Entscheidung, nicht mehr mit „glokal e.V.“ zusammenzuarbeiten, zurücknimmt und dies öffentlich bekundet.
Kontakt: ISD Bund e.V. – isdbund.vorstand@isd-bund.org
 
* Art. 20 (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn
andere Abhilfe nicht möglich ist.
** Die UN Antirassismuskonvention definiert in Art. 1 rassistische Diskriminierung als “jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der
Abstammung, dem nationalen Ursprung oder dem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder
Bevorzugung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass dadurch ein gleichberechtigtes Anerkennen, Genießen oder Ausüben von
Menschenrechten und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedem sonstigen Bereich des
öffentlichen Lebens vereitelt oder beeinträchtigt wird.”