Wahlprüfsteine der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland Bund e.V. zur Bundestagswahl 2013

Im folgenden Artikel finden Sie die von der ISD erarbeitenden Wahlprüfsteine an die im Bundestag vertretenen Parteien und die jeweiligen Antworten.
Schwarze Menschen zählen zu den jüngsten und den am schnellsten wachsenden demographischen Gruppen in Deutschland und blicken gleichzeitig auf eine lange Geschichte zurück. Die Schwarze Erfahrung in Deutschland bietet Einblicke in eine über vierhundertjährige Geschichte von mehrfach neu institutionalisiertem Rassismus, aber auch von Widerstand und Selbstbehauptung im Kontext von Versklavung, kolonialer Ausbeutung und Verfolgung in der NS-Zeit. Neben Sinti und Roma waren auch Schwarze Menschen das erklärte Ziel rassistischer Politik im Nachkriegsdeutschland, wie die Bundestagsdebatte zu den sogenannten „brown babies“ im Jahr 1952 eindrücklich zeigt. Rassistische Diskriminierung auf dem Wohnungs- und Arbeitsmarkt, in der Bildung und der Behandlung durch die Sicherheitsorgane zählt bis heute zum Alltag Schwarzer Menschen in Deutschland. Schwarze Geschichte und Gegenwart mit ihrer eigenen Deutschlanderfahrung ist daher eine Ressource zum Verständnis geteilter Geschichte und Gegenwart sowie ein Gradmesser für das Selbstverständnis Deutschlands, für die Erfolge und Hürden auf dem langen Weg hin zur Verwirklichung der grundgesetzlichen Vision einer inklusiven Gesellschaft. Die folgenden Wahlprüfsteine erfragen daher nicht Parteipositionen zu Partikularinteressen, sondern verdeutlichen, was die Schwarzer Perspektive zu einem Einblick in drängende Herausforderung der deutschen Gesellschaft beitragen kann. Sie zeigen Handlungsmöglichkeiten auf, von deren Umsetzung die gesamte Gesellschaft profitieren kann. Sie bieten nicht zuletzt einen Einblick in das Potential, aber auch das uneingelöste Versprechen der Menschenrechte in Deutschland.
Maßnahmen zum Schutz vor rassistischer Diskriminierung: Menschenrechte verwirklichen
Die Enthüllungen der Konsequenzen von institutionellem Rassismus der Sicherheitsorgane im sogenannten „NSU“- Fall, die Rüge der UN Anti-Rassismuskommission im April 2013 sowie die anhaltende Kontroverse um Racial Profiling1 zeigen: Rassismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das in Deutschland nach wie vor nicht differenziert genug politisch bearbeitet wird. Die Skandale der letzten Monate haben das Thema Rassismus erneut in den Fokus der öffentlichen und politischen Debatte gerückt – es ist an der Zeit, auf die Debatte eine umfassende Analyse und Gesetzgebung zum Schutz vor Rassismus folgen zu lassen. Deutschland ist aufgerufen, nun mindestens seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen und den europäischen Empfehlungen in diesem Bereich nachzukommen.
Kernforderungen der ISD:
− Das Konzept „Rassismus“ in der Gesetzgebung über den Fokus auf Rechtsextremismus hinaus hin zu einem umfassenden Verständnis von Rassismus gemäß der UN-Antirassismuskonvention ICERD (International Convention on the Elimination of Racial Discrimination) zu erweitern. Die UN-Antirassismuskonvention stellt klar, dass nicht etwa die vorgebliche Intention von handelnden Personen oder Institutionen, sondern der ungleiche, diskriminierende Effekt auch von vermeintlich neutralen Äußerungen, Handlungen, Politiken oder Verfahren zur Beurteilung der Frage, ob Rassismus vorliegt, herangezogen werden muss.
− Schwarze Menschen als Gruppe, die in besonderer Weise von Rassismus betroffen ist, anzuerkennen und wissenschaftliche Forschung zur Diskriminierung von Schwarzen Menschen als Gruppe in Bereichen wie dem Arbeitsmarkt, Bildungswesen, Gesundheitswesen, Wohnungsmarkt zu fördern, um deutschen Behörden und der Bevölkerung gegenüber strukturelle Diskriminierung sichtbar zu machen.
− Bildung von Kategorien zur Erfassung struktureller Diskriminierung von Schwarzen Menschen und anderen People of Color. Staatsangehörigkeit sowie der höchstens bis in die dritte Gegenration nachzuvollziehende sogenannte „Migrationshintergrund“ reichen zum Erfassen der Realität des Rassismus in Deutschland bei weitem nicht aus – die zunehmende Diversität der Bevölkerung muss ebenso abgebildet werden wie die nach dem UNAntirassismusabkommen zu schützenden Merkmale. Die Ausarbeitung der Kategorien muss in Kooperation mit der zu stärkenden Antidiskriminierungsstelle des Bundes und den Vertreter*innen der betreffenden Gruppen erfolgen
Die ISD fragt:
• Werden Sie eine umfassende Definition von „rassistischem Vorfall“ als jedem Vorfall, „der vom Betroffenen oder einem Dritten als rassistisch wahrgenommen wird“ (Allgemeine Politik-Empfehlung Nr. 11 der European Commission against Racism and Intolerance) einführen? Wen nein, weshalb nicht?
Antwort „Bündnis 90/Die Grünen“:
Wir halten die Erfassung von Straftaten mit rassistischem Hintergrund für völlig unzureichend und werden uns mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Wahrnehmung einer Straftat als rassistisch durch Opfer und Dritte in den Akten erfasst wird. Außerdem setzen wir uns entlang der Politik-Empfehlungen der European Commission against Racism and Intolerance (ECRI) für einen verbindlichen Informationsaustausch zwischen Polizei und Justiz ein, damit nachvollzogen werden kann, welche als möglicherweise rassistisch eingestufte Straftaten angeklagt und wir gerichtlich darüber entschieden wurde
Antwort „Die Linke“:
DIE LINKE ist der Auffassung, dass struktureller Rassismus ein gravierendes Problem in Deutschland darstellt. Wir setzen uns daher für Aus- und Weiterbildung von Behördenpersonal ein, vor allem bedarf es aber einer unabhängigen Kommission, die die Polizei im Hinblick auf rassistische Vorgehensweisen kontrolliert. Hierfür ist eine Begriffsdefinition erforderlich. Unter strukturellem Rassismus verstehen wir eine Form des Rassismus, die von Institutionen der Gesellschaft, ihren Verfahren, Normen und rechtlichen Grundlagen ausgeht und zunächst unabhängig von der Motivation der darin handelnden Individuen ist. Ausgrenzung, Benachteiligung und Diskriminierung werden in und durch verschiedene wichtige gesellschaftliche Einrichtungen erfahren und finden sich im Bildungsbereich, bei der politischen Beteiligung, auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt oder eben im Rahmen der Polizeiarbeit. Robert Miles sieht im institutionellen Rassismus eine Materialisierung rassistischer Ausschließungspraxen, die direkt aus dem rassistischen Diskurs folgen. In jedem Fall muss die subjektive Wahrnehmung und Einschätzung eines Vorfalls als rassistisch durch die Betroffenen zwingend eine entsprechende Ermittlungs- und Aufklärungstätigkeit der Behörden (Staatsanwaltschaft und Polizei) nach sich ziehen. Dies ist für uns eine wichtige Konsequenz aus den Erkenntnissen des NSU-Untersuchungsausschusses.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Menschen in Deutschland sind gegen Rassismus durch ein Ineinandergreifen verschiedener gesetzlicher Regelungen geschützt. Strafrechtlich besteht Schutz vor rassistischen Äußerungen gegenüber einzelnen Menschen durch § 185 Strafgesetzbuch (StGB) sowie gegenüber rassistischer Hetze insgesamt als Volksverhetzung durch § 130 StGB. Im allgemeinen zivilen Rechtsverkehr und im Arbeitsleben schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) jeden Menschen vor Benachteiligungen u. a. aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft.
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“:
Im Strafrecht ist die Frage bisher nicht diskutiert worden. Das Strafrecht enthält den Begriff „rassistisch“ nicht. Die SPD-Bundestagsfraktion hat jedoch in dem Gesetzentwurf zur Änderung des Strafgesetzbuchs (BT-Drs. 17/8131), der sich mit der Strafzumessung bei sog. Hasskriminalität befasst, gefordert, § 46 Abs. 2 S. 2 StGB um den Begriff „rassistisch“ zu ergänzen. Nach der geltenden Fassung der Norm sollen bei der Strafzumessung u.a. die Beweggründe und Ziele des Täters berücksichtigt werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, dies durch die Ergänzung „besonders auch rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“ zu konkretisieren. Der Begriff „rassistisch“ ist in dem Gesetzentwurf zwar nicht definiert. Wahrnehmung und Bewertung des Opfers oder eines Zeugen können jedoch im Strafrecht nicht konstitutiv für das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals sein. Auch bei der im Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion geforderten Ergänzung des § 46 StGB handelt es sich um ein subjektives Tatbestandsmerkmal, welches aus der Perspektive des Täters zu bewerten ist.   
Antwort „Piratenpartei Deutschland“
Ja, das möchte die Piratenpartei Deutschland.
Antwort „FDP – Die Liberalen“:
Rassismus und rassistische Diskriminierung werden von der Bundesregierung ressortübergreifend be-kämpft. Das Bundesfamilienministerium hat für den Haushalt 2014 die Mittel zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus auf 30,5 Mio. Euro aufgestockt. Damit können auch 13 Aussteiger-programme für Neonazis weiter gefördert werden, die ansonsten aufgrund der befristeten Finanzierung ausgelaufen wären.
 
• Planen Sie, eine einheitliche und verbindliche rechtliche Definition von „(institutionellem) Rassismus“ zu formulieren und in das deutsche Strafgesetzbuch auf zu nehmen, die sowohl den Tatbestand rassistischer Gewalt als auch mittelbare/indirekte rassistische Diskriminierung im Sinne der UN-Antirassismuskonvention erfassbar und ahndbar machen? Wenn ja, wie lautet ihre Definition? Wenn nein, weshalb nicht?
Antwort „Bündnis90/ Die Grünen:
Mittelbare/indirekte rassistische Diskriminierung ist bereits jetzt sowohl im Grundgesetz als auch im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verboten. Ob eine zusätzliche strafrechtliche Regelung erforderlich wäre, muss noch geprüft werden.
Bündnis 90/Die Grünen wollen die Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren ändern und dort klarstellen, dass bei Mischantragsdelikten, die durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit motiviert sind, das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung in der Regel zu bejahen ist. Darüber hinaus wollen wir eine Studie über die Anwendung des § 46 Absatz 2 StGB (Berücksichtigung der Beweggründen des Täters bei der Strafzumessung) im Hinblick auf die durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit motivierten Delikte in Auftrag geben, um den weiteren Regelungsbedarf zu ermitteln.
Antwort „Die Linke“:
In der LINKEN dauert die Diskussion darüber an, ob es im Rahmen der Strafzumessung oder im Rahmen der Gewaltdelikte eines besonderen Hinweises bedarf, dass rassistische Motivation straferschwerend wirkt. Denn bereits nach jetziger Rechtslage ist die Motivation des Täters bei Begehung der Tat zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung wirkt eine rassistische Motivation straferschwerend im Sinne von § 46 Absatz 2 Strafgesetzbuch (StGB) und stellt im Rahmen von § 211 StGB einen niedrigen Beweggrund dar. Bisher sind das Strafgesetz und die Tatbestandsmerkmale selbst aber abstrakt formuliert und verweisen nur allgemein auf die Tatmotivation, wohingegen die Gerichte die Auslegung vornehmen. Bei Aufnahme einer bestimmten Tatmotivation wie Rassismus müsste dann auch erwogen werden andere menschenverachtende Phänomene wie Homophobie oder Sozialchauvinismus ebenfalls aufzunehmen. Das Gesetz kann aber keine abschließende Aufzählung aller straferschwerenden Tatmotive enthalten und ist in einem gewissen Maße immer auf Abstraktion angewiesen. Dass die Polizeien, Staatsanwaltschaften und Gerichte den rassistischen Hintergrund von Übergriffen außer Acht lassen liegt nicht an der Rechtslage, sondern an Verharmlosungstendenzen. Diese können am sinnvollsten durch Ausbildung und die erwähnte unabhängige Kontrolle der Polizei bekämpft werden. Antidiskriminierungs- und Menschenrechtskurse müssen zwingender Bestandteil der polizeilichen und juristischen Aus- und Fortbildung werden. Außerdem empfehlen wir in den Richtlinien für Strafverfahren und Bußgeldverfahren den Hinweis aufzunehmen, dass Staatsanwälte immer auch in Richtung eines rassistischen Vorfalls ermitteln müssen.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Unser Rechtsstaat nimmt unrechtmäßige Benachteiligung nicht hin. Diskriminierung ist in Deutschland ausdrücklich verboten. CDU und CSU setzen sich auch politisch konsequent gegen jede Form von Diskriminierung und Rassismus ein. Rassismus im Strafgesetzbuch zu definieren, würde aber den Begriff im Zweifel verengen. Es ist Teil des Rechtsstaatsprinzips, dass die Rechtsprechung solche sogenannten unbestimmten Rechtsbegriffe selbst ausfüllt und ihren Anwendungsbereich in den ihr vorgelegten praktischen Fällen konkretisiert und auch weiterentwickelt.
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“:
Die SPD-Bundestagsfraktion lehnt Sondertatbestände für rassistisch motivierte Gewalttaten ab und fordert stattdessen, bei den vom Gericht zu berücksichtigenden Umständen der Strafzumessung in § 46 Abs. 2 S. 2 StGB, die Begriffe Beweggründe und Ziele zu ergänzen um „insbesondere rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende“. Die Benachteiligung bestimmter Gruppen soll strafgesetzlich nicht erfasst werden. Wir erachten die diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Vorgaben sowie die zivilrechtlichen Regelungen im AGG für ausreichend. Die Herabwürdigung bestimmter Gruppen ist unter bestimmten Voraussetzungen und ab einer bestimmten Intensität von den Tatbeständen Beleidigung, § 185 StGB, Üble Nachrede, § 186 StGB, und Verleumdung, § 187 StGB, erfasst. Äußerungen im Vorfeld dieser Delikte halten wir nicht für strafwürdig
Antwort „Piratenpartei Deutschland“
Wir haben noch keine rechtliche Definition zu „institutionellem Rassismus“. Die Piratenpartei lehnt den Rassismus jedoch auf allen Ebenen entschieden ab
Antwort „FDP – Die Liberalen“:
Beständig muss geprüft werden, ob die bestehenden Gesetze ausreichen, um den Verpflichtungen aus internationalen Abkommen nachzukommen.
 
• Wie genau wollen sie sicherstellen, dass institutioneller Rassismus in den Sicherheitsbehörden abgebaut wird?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Der Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus gehört zu unseren zentralen Anliegen. Das haben Bündnis 90/Die Grünen deutlich gemacht, als sie in einem Mitgliederentscheid die Bekämpfung des Rechtsextremismus zu einem von neun grünen Schlüsselprojekten gewählt haben, die bei einer Regierungsbeteiligung prioritär umgesetzt werden. Wir werden institutionell verankerten Rassismus in allen Behörden mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen.  Nach dem kläglichen Versagen der Sicherheitsbehörden beim Erkennen der von Rechtsextremen in Deutschland ausgehenden Gefahr und bei der Aufklärung der Taten des NSU müssen vor allem die Sicherheitsbehörden den Blick nach rechts schärfen. Die Polizei muss sich öffnen für den Diskurs mit Zivilgesellschaft und Wissenschaft.  Wir wollen eine neue Polizeikultur fördern: Dialogorientierung, Selbstreflexion und der Umgang mit gruppenbezogenen Vorurteilen müssen gestärkt werden, es muss eine Fehlerkultur in den Dienststellen entwickelt werden, die auch durch interne Kontrollstrukturen gestützt wird. Neben solche Kontrollstrukturen brauchen wir bessere Aus- und Fortbildung zur Entwicklung der Diskurs- und Kritikfähigkeit und in den Bereichen der Menschenrechte, der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, der interkulturellen Kompetenz sowie Antidiskriminierungstrainings. Durch gezielte Personalwerbung sollen Menschen mit Migrationshintergrund für den Polizeiberuf gewonnen werden. Unser Ziel ist, dass die Polizeibehörden die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln. Bei den Geheimdiensten wollen wir eine Zäsur und einen auch personellen Neustart. Unser Konzept zur Geheimdienstreform sieht die Auflösung des Bundesamtes für Verfassungsschutz in seiner jetzigen Form vor. Ein unabhängiges Institut soll stattdessen mit wissenschaftlichen Mitteln demokratie- und menschenfeindliche Bestrebungen analysieren. Eine neue „Inlandsaufklärung“ mit neuem, verkleinertem Personalstab und starker externer Kontrolle soll künftig mit gesetzlich klar eingeschränkten Geheimdienstbefugnissen nur noch im Bereich der gewaltbezogenen Bestrebungen gegen die Grund- und Menschenrechte und die Grundwerte der Verfassung tätig sein. Der Verfassungsschutz soll raus aus der Bildungs- und Präventionsarbeit, dies gilt auch für die „Inlandsaufklärung“! Sogenannte „V-Leute“ (Verbindungs- oder Vertrauenspersonen in rechtsextremen  Strukturen) wollen wir abschaffen. Das effektivste Instrument gegen Rassismus aber  ist und bleibt es, die Opfer(gruppen) in ihren Bürgerrechten zu stärken.
Antwort „Die Linke“:
DIE LINKE hat in der 16. und 17. Wahlperiode Anträge zur Einrichtung eines unabhängigen Polizeibeauftragten im Bund (vgl. Bundestagsdrucksachen 16/12683 und 17/10685) eingebracht und die Einrichtung solcher Stellen auch in den Ländern angeregt. Anlass, diese Forderung noch einmal dringend auf die Tagesordnung zu setzen, war der Fall Oury Jalloh. Aufgabe einer solchen unabhängigen Polizeibeobachtungsstelle soll es sein, rassistische und diskriminierende Formen der Polizeiarbeit bekannt zu machen, den Opfern bzw. Angehörigen zur Seite zu stehen und unabhängige Ermittlungen einzuleiten. Dies kann ein praktischer Schritt sein, dem institutionellen Rassismus im Bereich der Sicherheitsbehörden zu begegnen. Zudem tritt die LINKE für eine stärkere Thematisierung von Rassismus, „racial profiling“ und anderen Formen der Diskriminierung im Rahmen der Polizeiausbildung ein. Im Rahmen ihres Sondervotums zum Abschluss-Bericht des NSU-Untersuchungsausschusses wird DIE LINKE zum Thema institutioneller Rassismus konkrete Vorschläge in dieser Richtung vorlegen und sie nach der Wahl in den Bundestag einbringen.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Trotz der Tatsache, dass in den Sicherheitsbehörden in Deutschland kein institutioneller Rassismus besteht, hat für die Behörden die Menschenrechtsausbildung ihrer Mitarbeiter und deren Sensibilisierung für den Umgang mit Angehörigen anderer Kulturen eine hohe Priorität.  Die Menschenrechtsbildung ist integraler Bestandteil verschiedener Fach- und Rechtsgebiete während der Ausbildung der Sicherheitsbehörden. Dabei spielen u. a. die Themen Menschenrechte, Grundrechte, Diskriminierungsverbot, Verbot von Misshandlungen und Folter, UN-Charta und Europäische Menschenrechtskonvention sowie interkulturelle Kompetenz eine wichtige Rolle. Dazu gehören auch praktische Übungen hinsichtlich der rechtlichen und taktischen Vorgehensweise. Dabei wird etwa auch vermittelt, dass Maßnahmen in jedem Einzelfall nach objektiven Kriterien zu erfolgen haben. Wie der gesamte öffentliche Dienst unternehmen die Sicherheitsbehörden umfangreiche Anstrengungen, den Anteil an Mitarbeitern mit Zuwanderungsgeschichte zu erhöhen. Diese Mitarbeiter geben ihr Wissen an ihre Kollegen weiter und leisten so einen wichtigen Beitrag zum Aufbau zusätzlicher Kompetenzen im Umgang mit Angehörigen anderer Kulturen. So hat etwa die Bundespolizei für die Flughäfen Frankfurt (seit 2010) und München (seit 2012) ein eigenes „Projekt zur Gewinnung von Bewerberinnen und Bewerbern mit Migrationshintergrund“ aufgenommen. CDU und CSU werben auch in ihrem Regierungsprogramm dafür, dass sich mehr junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte für eine berufliche Laufbahn im öffentlichen Dienst, insbesondere als Lehrerinnen und Lehrer, als Polizistinnen und Polizisten oder in der Justiz entscheiden.
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“:
Das Vertrauen der Bevölkerung in Verfassungsschutz, Polizei und Staatsanwaltschaften ist erschüttert. Besonders verunsichert sind Menschen, deren Wurzeln in anderen Ländern liegen. Unsere Sicherheitsbehörden haben nicht mit den Rechtsextremisten gemeinsame Sache gemacht. Aber sie waren auch nicht dafür aufgestellt, die schrecklichen Mordtaten der NSU zu verhindern oder frühzeitig aufzuklären. Dieses Vertrauen gilt es zurückzugewinnen. Das wollen wir erreichen durch rückhaltlose Aufklärung der Vorgänge, durch institutionelle Reformen und dadurch, dass wir jede Form von Rechtsextremismus frühzeitig und umfassend bekämpfen. Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass die mit großem Engagement durch den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages entwickelten Folgerungen und Vorschläge in der nächsten Wahlperiode wirkungsvoll umgesetzt werden. Und wir werden unsere Sicherheitsbehörden noch stärker und stetig sensibilisieren für die Gefahren, die unserer Demokratie von Rechts drohen.
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
In jedem Fall muss die Bekämpfung von Vorurteilen und Rassismus Bestandteil einer jeder Ausbildung zu Polizisten werden. Jedem Polizei-Anwärter muss von Anfang an vermittelt werden, dass von Schwarzen Menschen nicht mehr oder weniger Gefahren ausgehen als von allen anderen Menschen auch. Durch die Einführung einer unabhängigen Beschwerdestelle bezüglich Straftaten, die von der Polizei begangen werden, wollen wir sicherstellen, dass kein rassistischer Übergriff von staatlichen Institutionen unerkannt bleibt und dass alle diese Vorkommnisse je nach Schwere zu ahnden sind. Zudem setzen wir uns auch dafür ein, dass jeder Polizist an eine Kennzeichnungspflicht gebunden ist. Das bedeutet, dass im Falle einer Diskriminierung seitens der Polizei ein Instrument zur Identifizierung des jeweiligen Beamten zur Verfügung steht.
Antwort „FDP – Die Liberalen“:
Die Bundes- und Länderpolizeien sind den Menschenrechten verpflichtet. Sie müssen Recht und Gesetz, ihre Aufgaben und Befugnisse einhalten. Sollte es widerrechtlich Verstöße oder Überschreitungen geben, müssen diese festgestellt und geahndet werden. Urteile wie das des OVG Koblenz (Urteil vom 29. Oktober 2012, Az. 7 A 10532/12.OVG), mit dem die erstinstanzliche Entscheidung des VG Koblenz aufgehoben wurde, zeigen, dass in unserer Rechtsordnung eine Diskriminierung durch die Polizei aufgrund etwa der Hautfarbe unzulässig ist. Die Feststellung des OVG, dass die Hautfarbe allein kein Merkmal sein darf, um ins Visier der Polizei zu geraten, teilen die Liberalen. Anlass zur Besorgnis geben jedoch Äußerungen wie solche der DPolG, die das Urteil als „schöngeistige Rechtsprechung“ kritisierten. Hier zeigt sich, dass Schulungen und Aufmerksamkeit in-nerhalb der Polizei untereinander und von Seiten der Vorgesetzten erforderlich sind.
 
• Planen sie, das Verbot von Racial Profiling zu konkretisieren und durchzusetzen? Wenn ja, wie? Wenn nicht, weshalb nicht?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Ausweiskontrollen und Maßnahmen von Sicherheitsbehörden, die sich häufig allein deswegen gegen Menschen richten, weil ihre nicht deutsche Herkunft vermutet wird, sind diskriminierend und nach dem Grundgesetz und Völkerrecht verboten. Bündnis 90/Die Grünen wollen dieses Verbot von diskriminierendem „Ethnic Profiling“ klar gesetzlich regeln. Ereignisunabhängige Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen sind im Hinblick auf die verfassungsrechtlichen Diskriminierungs- und Übermaßverbote höchst bedenklich und daher auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Die Schleierfahndung auf Zugstrecken und in der Nähe der Schengen-Außengrenzen wollen wir abschaffen.
Antwort „Die Linke“:
Die Befugnisse zur anlasslosen Kontrolle an den Grenzen und im Inland müssen aus dem Bundespolizeigesetz gestrichen werden. Sie führen zwangsläufig zu „racial profiling“. DIE LINKE wird entsprechende Forderungen in den nächsten Bundestag einbringen und hat u.a. durch Kleine Anfragen zum „racial profiling“ bereits die Problematik in den Bundestag und die Öffentlichkeit getragen (vgl. Bundestagsdrucksache 17/11971).
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Unter dem Begriff „Racial Profiling“ wird die Vornahme sicherheitsbehördlicher Maßnahmen nur und allein aufgrund der äußeren Erscheinung einer Person verstanden. Eine solche Vorgehensweise wäre rechtswidrig und wird von den Sicherheitsbehörden in Deutschland nicht praktiziert. Die Gesetze, die die Arbeit dieser Behörden regeln, enthalten keine Befugnisse, die allein aufgrund der äußeren Erscheinung von Personen vorgenommen werden. Entsprechende Bewertungen, die teilweise in der öffentlichen Diskussion geäußert werden, sind unzutreffend.
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“:
 Sogenanntes „Racial Profiling“ ist rechtswidrig und daher bereits verboten. Die jeweiligen Dienstvorgesetzten und erforderlichenfalls die zuständige Fachaufsicht, für den Bund der Bundesminister des Innern, haben zu gewährleisten, dass die Polizeibehörden des Bundes rechtmäßig handeln
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Die Piratenpartei lehnt die Ermittlungspraxis des sogenannten „Racial“ oder „Ethnic Profiling“ ab. Sie beschreibt die diskriminierende Verwendung von Zuschreibungen wie ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Herkunft oder Religion als Grundlage für Identitätskontrollen und Durchsuchungen ohne konkrete Indizien. Ermittlungen und Kontrollen müssen auf konkreten Verdachtsmomenten beruhen und dürfen nicht Ausdruck von Vorurteilen sein. Genauso wie ein Anzug kein Indiz dafür ist Steuern zu hinterziehen, ist die Hautfarbe oder die Ethnie kein Indiz für kriminelles Verhalten. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Ermittlungsbeh.rden vom „Racial“ oder „Ethnic Profiling“ nicht mehr gebrauch machen werden. [1]
Das Verbot von Racial Profiling kann mit Hilfe von schon oben genannten Ma.nahmen, nämlich der Sensibilisierung von Polizeianw.rtern gegenüber Rassismus schon in der Ausbildung und der Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle, durchgesetzt werden. Wir setzen uns für eine Intensivierung der Menschenrechtsbildung im Rahmen der polizeilichen Aus- und Weiterbildung ein. Dazu gehören auch Antidiskriminierungstrainings und die Förderung interkultureller Kompetenz. Das Bewusstsein für Menschenrechte im Polizeidienst soll gestärkt werden. [2]
Weiterhin treten wir für die verst.rkte Ausbildung und Anstellung von Polizeiangehörigen mit Migrationshintergrund ein. Durch das tägliche Miteinander lassen sich Vorurteile, wie sie im „Racial Profiling“ zu Tage treten, am besten beheben.
[1]- https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2012/_11/_07/Petition_37656.nc.html
[2]-http://wiki.piratenpartei.de/SN:Dokumente/Wahlprogramm#Pr.C3.A4vention_.E2.80.93_Menschenrechtsbildung_der_Polizei_st.C3.A4rken
Antwort „FDP – Die Liberalen“:
Eine Änderung des Bundespolizeigesetzes ist nicht erforderlich. „Racial Profiling“ ist darin nicht vorgese-hen. Alle staatlichen Stellen – mithin auch die Bundespolizei – sind zudem unmittelbar an das Grundge-setz gebunden, so selbstverständlich auch an Art. 3 Grundgesetz, so dass eine Diskriminierung etwa nach Rasse oder Ethnie unzulässig ist. Rassismus ist leider ein Problem, das viele Menschen betrifft. Es ist wichtig, immer wieder darauf hinzu-weisen und das Problem zu benennen. Das ist eine Aufgabe aller. Wenn Polizisten gegen Recht und Ordnung verstoßen, muss das ohne Wenn und Aber aufgeklärt werden. Rassistisches Polizeihandeln muss daher auch untersucht und ggf. sanktioniert werden.
 
 
• Werden Sie Diskriminierungstatbestände, die von staatlichen Akteuren ausgehen, in das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz aufnehmen? Wenn ja, wie genau soll diese Reform sicherstellen, dass Diskriminierungsschutz tatsächlich erweitert wird? Wenn nein, weshalb nicht?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Wir wollen in Deutschland und Europa Diskriminierungen bekämpfen und die von der Merkel-Regierung blockierte fünfte Antidiskriminierungsrichtlinie der EU voranbringen. Sie sieht u.a. die Berücksichtigung der staatlichen Akteure bei den Diskriminierungsverboten vor. Eine strukturelle und finanzielle Stärkung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes soll im nationalen Bereich helfen, Diskriminierungen anzugehen. Darüber hinaus wollen wir das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) effektiver gestalten, den Rechtsschutz für Betroffene für Betroffene stärken und insbesondere ein echtes Verbandsklagerecht vorsehen. Danach sollen Antidiskriminierungsverbände, Gewerkschaften, Betriebs- sowie Personalräte und Mitarbeitervertretungen über bisherigen Möglichkeiten des AGG hinaus stellvertretend für die Betroffenen klagen können. Sie sollen auch klagen können, wenn das Verfahren einen Präzedenzcharakter haben und Rechtssicherheit für eine größere Zahl von Beschäftigten schaffen könnte. Ebenso setzen wir uns dafür ein, dass das AGG europarechtskonform überarbeitet wird. Wir wollen erreichen, dass die Bestimmungen des AGG wie anderen Tendenzbetrieben auch auf Beschäftigungsverhältnisse auf Beschäftigte der Religionsgemeinschaften und ihnen zugeordnete Einrichtungen Anwendung finden.
Antwort „Die Linke“:
DIE LINKE setzt sich dafür ein, dass das AGG auf alle Lebensbereiche und Rechtsgebiete ausgeweitet wird und es vollumfänglichen Diskriminierungsschutz gegenüber wirtschaftlichen Akteuren, aber auch gegenüber Religionsgesellschaften und staatlichen Akteuren bietet. Diese Forderungen hat DIE LINKE u.a. in ihrem Antrag „Effektiven Diskriminierungsschutz verwirklichen“ (Bundestagsdrucksache 16/9637) zum Ausdruck gebracht. Davon unabhängig ist aber auch in den einzelnen Fachgesetzen sicherzustellen, dass sie Diskriminierung wirksam ausschließen. Das ist bei den Befugnissen zur anlasslosen Kontrolle im Bundespolizeigesetz und den entsprechenden Landespolizeigesetzen nicht der Fall.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Alles staatliche Handeln ist durch den Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz, der für alle öffentlichen Stellen unmittelbar gilt, gebunden. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wurde demgegenüber erst geschaffen, um den Gleichheitsgrundsatz auch auf zivilrechtliche Rechtsbeziehungen zu erstrecken.  Jeder, der sich von Rassismus betroffen fühlt, kann sich bereits heute an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) wenden. Die ADS ist eine unabhängige Anlaufstelle, die 2006 eingerichtet wurde, nachdem das AGG in Kraft getreten ist. Die ADS und ihre Aufgaben sind in dem AGG festgeschrieben und entsprechen den EU-Gleichbehandlungsrichtlinien. CDU und CSU appellieren an alle, die sich von Diskriminierung gleich welcher Art betroffen fühlen, sich ohne Scheu an die ADS zu wenden.
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“:
Die SPD strebt nach einer Gesellschaft, die sich jeder Form der Diskriminierung widersetzt, und eine Kultur des Widerspruchs fördert. Deshalb bekämpfen wir jede Form der Diskriminierung, ob wegen Herkunft, Geschlecht, sexueller Identität, Religion und Weltanschauung, Behinderung oder Alter. Das von rot-grün formulierte Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) konnten wir mit großen Anstrengungen gegen dessen konservativen Gegner in der großen Koalition endlich beschließen. In unserem Regierungsprogramm haben für die anstehende Bundestagswahl klar formuliert, dass wir das AGG weiterentwickeln und insbesondere eine bessere Finanzierung für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes sicherstellen werden.
Speziell zur Frage: Der Grundgedanke des AGG ist vor allem eine normative Grenze der Privatautonomie. Nach Artikel 3 unseres Grundgesetzes gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung für das Handeln des Staates. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz gilt grundsätzlich für Bürger untereinander, zum Beispiel im Arbeitsleben.
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Ja, das will die Piratenpartei Deutschlland. Wie weiter oben bereits erl.utert, soll eine unabhängige Beschwerdestelle sicherstellen, dass der Diskriminierungsschutz ausgebaut wird. Bereits das Grundgesetz verpflichtet staatliche Akteure, nicht diskriminierend zu handeln. Wir setzen uns dafür ein, dass gegen Diskriminierungen gezielte Ma.nahmen ergriffen werden. Statt einseitig bei Verhalten und Befähigung der Benachteiligten anzusetzen, müssen diskriminierende Strukturen aufgedeckt, reflektiert und wirksam bekämpft werden.
Antwort „FDP – Die Liberalen“:
Öffentlich-rechtliches Handeln unterliegt von jeher dem Grundgesetz. Der Staat und seine Einrichtungen (der Gesetzgeber, die Justiz und die gesamte Verwaltung) müssen per se ihr Verhalten an den Grundrech-ten, insbesondere auch an dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG ausrichten und dürfen nicht willkür-lich handeln. Verwaltung und Justiz sind damit bereits an den Gleichheitsgrundsatz gebunden und dürfen nicht diskriminieren. Eine zusätzliche Aufnahme von Diskriminierungstatbeständen im AGG ist nicht erforderlich.
 
• Erkennen Sie Schwarze Menschen als in besonderer Weise von Rassismus betroffene Gruppe an? Wenn ja, wie planen Sie, diese Anerkennung auf eine Weise umzusetzen, die rassistische Diskriminierung Schwarzer Menschen umfassend erfasst? Wenn nein, weshalb nicht?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Die Abwertung der Menschen wegen persönlicher Merkmale wie der Hautfarbe darf in unserem Land keinen Platz haben. Wir brauchen eine Gesamtstrategie gegen alle Formen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, wie Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus, antimuslimischer Rassismus, Trans- und Homophobie, Sexismus sowie Abwertung von Obdachlosen, Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderungen sind nicht nur am rechten Rand, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft anzutreffen. Die politische Bildungsarbeit muss mit Aufklärung, Bildung und Unterstützung demokratischer Initiativen entgegenwirken. Der Staat muss alltäglichen und institutionell verankerten Rassismus und andere Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit mit allen rechtsstaatlichen Mitteln bekämpfen.
Antwort „Die Linke“:
Ohne Zweifel sind Schwarze Menschen in besonderer Weise von Rassismus betroffen, unter anderem infolge von Kolonialismus und klassischer rassistischer Konzepte. Die immer sichtbare schwarze Haut macht die Menschen zudem besonders angreifbar, sie können sich in Gefahrensituationen nicht „verstecken“ oder „möglichst unauffällig“ verhalten. Deshalb bedarf die Situation Schwarzer Menschen einer besonderen Aufmerksamkeit und besonderer Beachtung bei der Ausarbeitung antirassistischer Konzepte. Einer entsprechenden statistischen Erfassung sind jedoch Grenzen gesetzt, denn ab wann sollte ein Mensch als „Schwarzer“ angesehen oder definiert werden? Selbsteinschätzungen sind zwar möglich, aber wir möchten auch nicht, dass Polizisten oder Ermittlungsbeamte die Betroffenen routinemäßig hiernach fragen (müssen).
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
In Deutschland hat der Schutz der Menschenrechte oberste Priorität. Die beste Vorbeugung ist die Erziehung zu den Grundwerten unserer freiheitlichen Demokratie. Menschen- und Freiheitsrechte sind keine Selbstverständlichkeit, sondern müssen immer wieder verteidigt werden.  CDU und CSU nehmen diskriminierendes Verhalten jeder Art gegen schwarze Menschen, aber auch gegen Angehörige anderer gesellschaftlicher Gruppen nicht hin. Im Rechtsstaat darf das Recht nirgendwo dem Unrecht weichen oder es tolerieren. Damit die Polizei und alle sonstigen staatlichen Stellen rechtsextreme und andere rassistische Gruppierungen und Tendenzen konsequent bekämpfen können, haben wir durch unsere Strafgesetze und zivilen Gesetze die dafür notwendigen Instrumentarien und Sanktionsmöglichkeiten geschaffen. Diese müssen konsequent zur Anwendung kommen. Mit Blick auf die Verfolgung von Straftaten ist hervorzuheben, dass eine rassistische Gesinnung des Täters generell im Rahmen der Strafzumessung gemäß § 46 Strafgesetzbuch als strafverschärfender Umstand berücksichtigt werden kann. Auch künftig soll der Bekämpfung von politisch motivierten Straftaten gegen Menschen, die gruppenbezogenen Vorurteilen ausgesetzt sind, zentrale Bedeutung zukommen. Diese Straftaten werden unter dem Begriff „Hasskriminalität“ erfasst.  Die unionsgeführte Bundesregierung fördert die Extremismusprävention und Maßnahmen gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und verwandte Formen von Vorurteilen mit erheblichem finanziellem Aufwand (jährlich über 30 Mio. EUR) durch verschiedene Programme. Diese Instrumente haben sich bewährt. Vorbeugende Projekte werden CDU und CSU weiterhin gezielt unterstützen und darauf achten, dass erfolgreiche Ansätze nachhaltig umgesetzt werden.  Zudem sehen CDU und CSU den Kampf gegen Diskriminierung und Rassismus auch als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Gleichgültig ob in Kindergärten und Schulen, in Firmen, Verbänden, Vereinen und Religionsgemeinschaften – überall muss entschlossen jeder Form von Diskriminierung und Rassismus entgegengetreten werden. Dieser Politik fühlen wir uns auch aufgrund unseres christlichen Menschenbildes verpflichtet
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“:
Die Möglichkeiten und Merkmale, auf die die Diskriminierung von Menschen aufsetzen, sind leider so vielfältig wie die Menschen selbst. Die im AGG aufgenommenen Antidiskriminierungsmerkmale bilden ein Gros ab, das sich grundsätzlich bewährt hat. Sofern hier tatsächlich Lücken verbleiben oder sich auftun, die man justitiabel als Diskriminierungsmerkmale definieren kann, prüfen wir, ob der Schutzbereich des AGG entsprechend geändert werden sollte.
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Ja, die Piratenpartei Deutschland erkennt Schwarze Menschen als in besonderer Weise von Rassismus betroffene Gruppe an.
Antwort „FDP – Die Liberalen“:
Gemäß des geltenden § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB sind bei der Strafzumessung die Beweggründe und die Tatziele sowie die Gesinnung, die aus der Tat spricht, und der bei der Tat aufgewendete Wille zu berück-sichtigen und können entsprechend strafschärfend wirken. Einen Sondertatbestand im Strafgesetzbuch einzuführen, wäre nicht zielführend.
 
Bildungspolitik: Chancengerechtigkeit
Das Recht auf Bildung ist nicht nur ein eigenständiges Menschenrecht, sondern darüber hinaus ein zentrales Instrument, um den Menschenrechten zur Geltung zu verhelfen. Als ‚Empowerment Right‘ ist es für die Selbstermächtigung Diskriminierter von grundlegender Bedeutung. Strukturelle und institutionelle Diskriminierung führen im deutschen Bildungssystem zur eklatanten Benachteiligung von Kindern aus armen Familien, Kinder mit sogenannter „Migrationsgeschichte“, Kinder ohne gesicherten Aufenthaltsstatus und Schwarzen Kindern, die in Schultypen mit weniger Wahlmöglichkeiten abgedrängt werden. Eine von der ISD als Partnerorganisation begleitete Studie hat im Frühjahr 2013 zum ersten Mal anhand von Daten des Mikrozensus nachweisen können, dass Schwarze Menschen2 im deutschen Bildungssystem benachteiligt werden. Sie besuchen im Vergleich zu Menschen ohne „Migrationsgeschichte“ mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit eine höhere Schule als die Hauptschule. Zudem ist das Ausmaß der Benachteiligung häufig größer als die im deutschen Bildungssystem bekannten positiven Auswirkungen eines hohen Bildungsstandes der Eltern. In Anbetracht der Tatsache, dass Schwarze Menschen in Deutschland zu den jüngsten demographischen Gruppen gehören, ist uns Bildungsgerechtigkeit ein besonderes Anliegen.
Kernforderungen der ISD:
− Das Menschenrecht auf Bildung muss für alle in Deutschland lebenden Menschen umgesetzt werden. Die strukturelle Diskriminierung im deutschen Bildungssystem, die Kinder aus armen Familien, Kinder mit sogenannter „Migrationsgeschichte“, geflüchtete Kinder ohne gesicherten Aufenthaltsstatus und Schwarze Kinder in besonderer Weise benachteiligt, muss durch positive Maßnahmen abgebaut werden.
− Menschenrechtsbildung muss daher – in Erfüllung der bisher nicht umgesetzten relevanten Maßgabe der UNKinderrechtskonvention sowie nach Maßgabe des Wirtschafts- und Sozialpaktes sowie der UN-Resolution A/RES/66/137 – als Teil regulärer Curricula verankert und um die gezielte Ansprache von Ausgrenzungsbetroffenen erweitert werden. So kann Bildung die von struktureller Diskriminierung und Rassismus Betroffenen gezielt befähigen, geltendes Menschenrecht zum Abbau von Ausgrenzung und zur umfassenden Verwirklichung von Inklusion zu nutzen.
− Die bildungspolitischen Empfehlungen der UN-Antirassismuskommission bezüglich der Verbesserung der Situation Menschen afrikanischer Herkunft (General Recommendation No. 34) sind umzusetzen, insbesondere die Entfernung rassistischer oder stereotyper Repräsentationen von Menschen afrikanischer Herkunft in Bildungsmaterialien, die Inklusion von Inhalten zu Geschichte und Kulturen von Menschen afrikanischer Herkunft in Bildungsmaterialien, die Verhinderung von Diskriminierung, Exklusion und Segregation im Bildungssystem
Die ISD fragt:
• Wie planen Sie, das Menschenrecht auf Bildung für alle in Deutschland lebenden Menschen umzusetzen?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Wir wollen unsere Gesellschaft interkulturell öffnen und institutionelle Hindernisse beseitigen, damit wirklich alle Menschen gesellschaftliche Teilhabe erleben und eine reelle Chance auf den sozialen Aufstieg haben – und zwar unabhängig vom sozialen Status oder der ethnischen Herkunft. Wir setzen uns daher für ein Bildungssystem ohne Diskriminierung, Exklusion und Segregation ein. Familien dürfen nicht nach ihrem Namen, Wohnort oder Bildungsabschluss bewertet werden. Ihnen und ihren Kindern müssen so früh wie möglich und so nah vor Ort wie möglich Angebote gemacht werden, wie sie an Bildung teilhaben können. Bündnis 90/Die Grünen setzen dafür auf das längere gemeinsame Lernen, damit der Lebensweg von Kindern nicht schon im Alter von neun Jahren dadurch bestimmt wird, was Lehrerin oder Lehrer ihr oder ihm zutrauen. Um das Menschenrecht auf Bildung auch wirklich für alle in Deutschland lebenden Menschen umzusetzen noch zwei kurze Punkte: Nach Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention haben alle Kinder ein „Recht auf Bildung“. Nach geltender Rechtslage und Verwaltungspraxis aber unterliegen Flüchtlingskinder immer noch in nicht allen Bundesländern der Schulpflicht. Deswegen hat die grüne Bundestagfraktion die Bundesregierung dazu aufgefordert, sicherzustellen, dass alle Flüchtlingskinder ihr Recht auf Bildung in allen Bundesländern wahrnehmen können (BT-Drs. 17/2138). Und schließlich: In unserem Gesetzentwurf für den Schutz der Menschenrechte von AusländerInnen ohne legalen Aufenthaltsstatus haben wir vorgeschlagen, allen Kindern – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus – den Zugang zu Schulen und Kindergärten zu gewährleisten, im dem wir diese Einrichtungen von der oben genannten Übermittlungspflicht ausnehmen und Kinder ohne Aufenthaltsstatus in den Anwendungsbereich der Kinder- und Jugendhilfe aufnehmen (BT-Drs. 17/6167).
Antwort „Die Linke“:
Das Menschenrecht auf Bildung bedeutet für uns, dass jedem Menschen der Zugang zu Bildung ermöglicht werden muss – ein Leben lang. Niemand darf ausgegrenzt werden, Bildungsbarrieren müssen abgebaut, Nachteile ausgeglichen werden. Wir brauchen ein inklusives Bildungssystem, das darauf gerichtet ist, allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen unabhängig von ihren sozialen und persönlichen Voraussetzungen den bestmöglichen Lernfortschritt zu ermöglichen. Allen Kindern muss von Anfang an ganztägig das gemeinsame Lernen und Leben in Kitas ermöglicht werden. Die frühe Zuteilung von Bildungschancen durch ein gliederndes Schulsystem muss überwunden werden. Wir brauchen ausreichend Ausbildungsplätze und einen offenen Zugang zu höherer Bildung.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Das Recht auf Bildung wird in Deutschland über die allgemeine Schulpflicht durchgesetzt. Damit auch die Kinder ohne Papiere überall in Deutschland einen Zugang zu Bildung haben, wurden im Sommer 2011 Schulen sowie Bildungs- und Erziehungseinrichtungen von der Meldepflicht ausgenommen.
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“ auf obige und die darauf folgende Frage:
Bildung ist ein Menschenrecht und muss für jeden in gleicher Weise verwirklicht werden, und zwar unabhängig von der Herkunft, der bisherigen Bildungsbiografie oder dem Alter. Gerade in der Wissensgesellschaft entscheidet Bildung über die Berufs- und Lebenschancen und damit über die Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe und einer eigenverantwortlichen Lebensführung. Der freie und gleiche Zugang zu Bildung und Betreuung, Ausbau der frühkindlichen Bildung und der Ganztagsschulen, Angebote für eine zweite Chance für Erwachsene, die aus welchen Gründe auch immer bereits einmal aus dem Bildungssystem herausgefallen und nun ohne Berufsabschluss geblieben sind, nicht zuletzt Unterstützung für die sozial Benachteiligten und altersgerechte Bildungsangebote auch nach der Erwerbsphase sind Kernelemente unserer Pläne zur Verbesserung unsers Bildungssystems. Die soziale Selektivität des deutschen Bildungssystems spiegelt in vielen Kenenzahlen auch die soziale Diskriminierung auf Grundlage von sozialer Herkunft oder Migrationsgeschichte wieder, weshalb diese Zielgruppen bei allen Maßnahmen besonders im Fokus stehen müssen. Das Recht auf Bildung muss in jeder Lebenslage und in jedem Lebensalter verwirklicht werden. 
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Unsere Vision eines Bildungssystems baut auf einem positiven Menschenbild auf. Jeder Mensch hat das Recht auf freien Zugang zu Information und Bildung. Dies ist in einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft notwendig, um allen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft ein größtmögliches Maß an gesellschaftlicher Teilhabe zu ermöglichen. Bildung ist unser wichtigstes Gut für den Erhalt, die Weitergabe und die Vermehrung von Wissen, Fortschritt und gesellschaftlichem Wohlstand. Das Bildungssystem darf nicht auf den Arbeitsmarkt und die ökonomische Verwertbarkeit von Bildung ausgerichtet sein. Unsere Gesellschaft braucht Menschen, die kompetent und kritisch ihr Leben und ihre Aufgaben meistern und sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sind. Der Schulbesuch soll alle Kinder und Jugendlichen – mit und ohne besondere Förderbedarfe in ihrer Entwicklung zu selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und sozial kompetenten Mitgliedern der Gesellschaft unterstützen. Jedes Kind soll wohnortnah und barrierefrei eine Schule seiner Wahl besuchen können. Das Recht förderbedürftiger Kinder und deren Erziehungsberechtigter auf freie Wahl der Schulart soll bundeseinheitlich in allen Bundesländern gesetzlich festgeschrieben werden. Kostenfreie Lehr-, Lern- und sonstige Hilfsmittel, qualifiziertes Personal für Unterricht und Assistenzleistungen sowie technische Ausstattung auf aktuellem Stand müssen gewährleistet sein. Die pädagogischen Konzepte müssen für individuelle Bildungswege überarbeitet werden.
Antwort „FDP – Die Liberalen“:
Für die FDP hat Bildung Priorität. Deswegen haben wir dafür gesorgt, dass die Ausgaben des Bundes für Bildung und Forschung auf Rekordniveau angehoben wurden. Mittlerweile investiert der Bund mehr als 14 Mrd. Euro im Jahr in diesen Zukunftsbereich, während im letzten rot-grünen Regierungsjahr 2005 gerade einmal 8 Mrd. Euro flossen. Bund, Länder und Kommunen haben auf dem 2008 in Dresden stattgefunde-nen Bildungsgipfel beschlossen, bis 2015 10% des BIP in Bildung und Forschung zu investieren. Laut Sta-tistischem Bundesamt wurde dieses Ziel bereits im Jahr 2011 fast erreicht, heute ist die Ziellinie mit Si-cherheit deutlich überschritten.
 
• Wie planen Sie, die Menschenrechtsbildung um die gezielte Ansprache Rassismusbetroffener zu erweitern?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Bündnis 90/Die Grünen wollen eine Stärkung der Menschenrechtsthematik in den Lehrplänen, die die Perspektive von Ausgrenzungsbetroffenen berücksichtigt. Wir müssen von der Kindheit bis ins Alter für Werte wie Toleranz, Weltoffenheit und Gewaltfreiheit aktiv werben. Die massiven Kürzungen der Merkel-Regierung bei der Bundeszentrale für politische Bildung sind unverantwortlich und zurückzunehmen. Die Bundeszentrale und die Arbeit der politischen Bildungsträger vor Ort fördern aktiv demokratisches Bewusstsein und leisten so wichtige Prävention vor gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Darüber hinaus wollen wir, dass auch in den Institutionen der Bundesrepublik (Polizei, Militär, Justiz, etc.) die Menschenrechtsbildung deutlich verstärkt wird und auch dort die Perspektive der Rassismusbetroffenen beachtet wird. Und wir müssen rechtspopulistischer Propaganda entschieden entgegentreten und ihre menschenfeindlichen Hintergründe offenlegen. Wer mit Ängsten vor „Überfremdung“, mit antiislamischen Ressentiments oder der Diffamierung alternativer Jugendkulturen spielt, liefert rechten Schlägern eine ideologische Rechtfertigung.
Antwort „Die Linke“:
Menschenrechtsbildung gehört in die Curricula der Pädagogikausbildung und muss in den Schulen nicht nur rational vermittelt sondern interaktiv gelebt werden. Soziales Lernen ist besonders wichtig. Es richtet sich vor allem auf die Ausprägung emanzipatorischer Fähigkeiten. Darunter verstehen wir insbesondere Fähigkeiten, sich selbständig, kritisch und selbstkritisch mit der Welt auseinander zu setzen, humanistische Werte als Maßstäbe für soziales Denken und Handeln, soziale Handlungskompetenzen und die Befähigung zu tätiger Solidarität zu entwickeln. Darüber hinaus stärkt soziales Lernen die Fähigkeit zu friedlicher Konfliktbewältigung, die Fähigkeit demokratische Entscheidungen herbeizuführen, aber auch inhumane Denk- und Verhaltensweisen zu erkennen und ihnen wirksam zu begegnen. In diesem Kontext hat auch eine gezielte Ansprache Rassismusbetroffener ihren Platz.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Das Thema Menschenrechtsbildung ist ein Querschnittsthema, das bereits heute in verschiedenen Unterrichtsfächern, zum Beispiel Geschichte, Sozialkunde, Biologie oder auch im Fremdsprachenunterricht, thematisiert wird. Hierzu gehört es, Schüler auf diskriminierende Verhaltensmuster aufmerksam zu machen und ihnen Strategien gegen Rassismus zu vermitteln. Zudem sprechen sich CDU und CSU dafür aus, Vertrauenslehrer und Sozialarbeiter so zu schulen, dass sie rassistisches Verhalten an Bildungseinrichtungen frühzeitig erkennen und bekämpfen können. In Projektwochen kann das Thema Rassismus vertieft behandelt werden. Außerdem wollen wir Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in unseren Bildungseinrichtungen beschäftigen, um rassistische Ansätze bereits im Keim zu ersticken. Neben der Schule setzen CDU und CSU auf die außerschulische politische Bildung, um auch Erwachsene gezielt für das Thema Rassismus in unserer Gesellschaft zu sensibilisieren und mit ihnen zusammen situationsangemessene Reaktionsmöglichkeiten einzuüben.
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Toleranz muss gleichzeitig Grundlage und Ziel des politischen Handelns sein. Die Bundesrepublik Deutschland muss sich ihrer Rolle als ausgleichender Faktor in der Mitte Europas stellen und ihrer historischen Verantwortung gerecht werden. Diskriminierung auf allen Ebenen begegnen Noch immer werden viele Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe oder anderer äußerer Merkmale im alltäglichen Leben (z. B. bei der Vergabe von Wohnraum, Ausbildungs- und Arbeitsplätzen) benachteiligt. Gegen Diskriminierungen dieser Art sind gezielte Ma.nahmen zu ergreifen. Statt einseitig bei Verhalten und Befähigungen der Benachteiligten anzusetzen, müssen diskriminierende Strukturen aufgedeckt, reflektiert und wirksam bekämpft werden. [1]
Es ist – ähnlich wie bei der Weiterbildung der Polizei – notwendig, auch das Lehrpersonal in den Bildungseinrichtungen auf die besonderen Bedürfnisse und Anforderungen vorzubereiten, die Rassismusbetroffene haben. Dazu zählt beispielsweise der Umgang mit Übergriffen und Pöbeleien in der Schule.
[1] https://www.piratenpartei.de/politik/wahl-und-grundsatzprogramme/wahlprogramm-btw13/familieund-gesellschaft/#wahlprogramm-familie-migration-toleranz
Antwort „FDP – Die Liberalen“:
Die Festlegung und Ausgestaltung der Unterrichtsinhalte obliegt den Ländern und Schulen, die sich fast ausnahmslos dieser Aufgabe gewissenhaft annehmen. Die Auseinandersetzung mit Fragen und Heraus-forderungen im Zusammenhang mit Rassismus, einem toleranten Weltbild und der Menschenrechte ist Bestandteil dessen, was in Deutschlands Klassenzimmern gelehrt wird. Wir sind der Überzeugung, dass dies sinnvoll und richtig ist.
 
• Wie planen Sie, die strukturelle Diskriminierung im deutschen Bildungssystem, die zur Benachteiligung von Kindern aus armen Familien, Kinder mit sogenannter „Migrationsgeschichte“, geflüchteten und anderen Kindern ohne gesicherten Aufenthaltsstatus und Schwarzen Kindern führt, abzubauen? Sind gezielte positive Maßnahmen denkbar? Wenn ja, welche, wenn nein, weshalb nicht?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Bündnis 90/Die Grünen treten dafür ein, die Integrationspolitik um den Ansatz der Inklusionspolitik zu vervollständigen. Wir wollen damit die Kompetenz von Bildungseinrichtungen im Umgang mit den unterschiedlichen Lebensrealitäten ihrer Schülerschaft stärken und so die individuelle Förderung unterstützen. Wir setzen uns in diesem Zusammenhang für eine möglichst frühe Sprachförderung ein. Hierbei soll Kindern aus Familien, in denen nicht Deutsch gesprochen wird, schon frühzeitig über den Kontakt mit anderen Kindern und Erwachsenen im Alltag Deutschkenntnisse vermittelt werden. Von besonderer Bedeutung bei der Sprachbildung ist eine aktivierende Elternarbeit, die auch die Muttersprache anerkennt. Wo wir in den Ländern Verantwortung tragen, setzen wir uns für die Entfernung rassistischer oder stereotyper Repräsentationen von Menschen in Bildungsmaterialien sowie die Inklusion von Inhalten zu Geschichte und Kulturen von Menschen verschiedener Herkunft in Bildungsmaterialien ein. Und schließlich treten wir allen Schattierungen von Rassismus und Diskriminierung entgegen. Dabei ist egal, von wem diese Attacken ausgehen und egal gegen wen sie sich richten: ob nun gegen „Muslime“, „Juden“ oder „Christen“, ob gegen „Frauen“ oder „Schwule“, ob gegen „Schwarze“ oder „Weiße“ oder gegen „Türken“ oder „Deutsche“ – all dies muss entscheiden bekämpft werden. Hierzu hat jüngst die Initiative „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ eine spezielle Handreichung für Schulen herausgegeben („Rassismus. Erkennen & Bekämpfen“).
Antwort „Die Linke“:
Bei der frühkindlichen Bildung brauchen Kinder eine auf ihre individuellen Bedürfnisse ausgerichtete spezifische Förderung, soweit erforderlich auch eine spielerische Unterstützung beim Erwerb der deutschen Sprache. Kinderbetreuungseinrichtungen müssen gebührenfrei in Anspruch genommen werden können.
In den Schulen wirkt das gegliederte System mit seiner frühen Zuteilung unterschiedlicher Bildungschancen besonders ungerecht. Wir wollen eine neue Lehr- und Lernkultur vorwiegend in Gemeinschaftsschulen, wo es keine feste Aufteilung in nach Leistung sortierte Gruppen gibt. Verschiedene Angebote sollen den Interessen und Neigungen sowie dem individuellen Lerntempo der Schülerinnen und Schüler Rechnung tragen. In diesem Rahmen kann auch auf besondere Bedürfnisse und Potentiale von Kindern mit Migrationsgeschichte eingegangen werden. Die herkunftsbedingte Mehrsprachigkeit von Kindern ist unbedingt zu fördern und als besondere Chance zu begreifen.
Das alles erfordert eine bessere Ausstattung der Bildungseinrichtungen mit Lehr-, Lern- und Hilfsmitteln, vor allem aber mehr gut ausgebildetes Personal, verstärkt mit Migrationshintergrund.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Untersuchungen belegen, dass ein frühzeitiger Zugang zu den Bildungseinrichtungen die Sprachkompetenz und damit die Chancen auf eine erfolgreiche Schullaufbahn deutlich erhöhen. Um Kindern aus bildungsfernen Familien oder mit einer Zuwanderungsgeschichte gleiche Bildungschancen zu ermöglichen, setzen CDU und CSU auf den Ausbau der frühkindlichen Bildung. Mit dem Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für unter dreijährige Kinder seit dem 1. August 2013 haben wir in diesem Zusammenhang einen wichtigen Meilenstein erreicht. Des Weiteren werden wir bis 2014 400 Mio. Euro in 4 000 Schwerpunkt-Kitas bundesweit zur Sprach- und Integrationsförderung investieren. So können Einrichtungen mit einem hohen Unterstützungsbedarf eine zusätzliche qualifizierte Fachkraft einstellen.  Außerdem werden CDU und CSU mit einem Bildungspakt zwischen Bund, Ländern und Kommunen einen bedarfsgerechten Ausbau der Ganztagsschulen in ganz Deutschland sicherstellen. Dort erhalten alle Kinder die benötigte Unterstützung, zum Beispiel bei den Hausaufgaben, Zugang zu Büchern und Teilhabe an kulturellen Angeboten.  Daneben wollen wir dafür Sorge tragen, dass die 1,5 Mio. jungen Erwachsenen zwischen 25 und 35 Jahren ohne Berufsabschluss neue Chancen bekommen. Unser Ziel ist es, dass möglichst viele von ihnen eine Ausbildung nachholen und abschließen können.  Um Kindern mit einer Behinderung den Besuch von Regelschulen zu erleichtern, hat Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) ratifiziert. Das Abkommen gilt seit März 2009 in Deutschland. Ausgehend vom Kindeswohl setzen sich CDU und CSU dafür ein, dass mehr Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen. Zur bestmöglichen Entwicklung jedes einzelnen Kindes und Jugendlichen mit Behinderung streben wir so viel Inklusion wie möglich und so viel sonderpädagogische Förderung wie nötig an. Jedes Kind hat Anspruch auf eine individuelle Feststellung seiner besonderen Stärken und Schwächen, damit eine bestmögliche Förderung erreicht wird.
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“
Zur Umsetzung des Rechts auf Bildung sind erhebliche strukturelle Veränderungen in unserem Bildungswesen erforderlich. Gerade finanzielle Zugangshürden zu Bildung werden wir abbauen, Ziel ist schrittweise eine gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Hochschule zu erreichen. Darüber hinaus steht für die SPD neben dem Ausbau der frühkindlichen Bildung und der kontinuierlichen Sprachförderung sowohl in der Kita wie auch beim Übergang zur Schulbildung insbesondere der Ausbau guter Ganztagsschulen im Mittelpunkt. Sie bieten in der Schulphase mehr Zeit, Raum und Personal, um eine bessere individuelle Förderung für alle zu sichern sowie auch integrationsspezifische Angebote zu gestalten und die kulturelle Vielfalt positiv aufzugreifen. Mit dem Ausbau der Schulsozialarbeit und eine unterbrechungsfreie Förderung am Übergang von der Schule zur Berufsausbildung etwa über Berufseinstiegsbegleiter schaffen wir wichtige konkrete Unterstützungsleistungen  besonders für sozial benachteiligte Jugendliche. Eine Berufsausbildungsgarantie sichert allen eine Ausbildung, die eine selbständige Lebensführung ermöglicht, ohne sie in langjährige Warteschleifen zu schicken. Und schließlich wollen wir sowohl ausländischen Studierenden, die in Deutschland einen Hochschulabschluss oder eine vergleichbare Qualifikation (z.B. Meisterprüfung) erwerben, ermöglichen, ohne Einschränkungen in Deutschland zu arbeiten, als auch die Anerkennung ausländischer Qualifikationen endlich zum Durchbruch verhelfen. Ohne diese strukturelle Weiterentwicklung unseres Bildungswesens wird das Recht auf Bildung nicht in der Lebenswirklichkeit der Menschen ankommen. 
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Die Piratenpartei Deutschland setzt sich dafür ein, dass alle Kinder in Deutschland gemeinsam unterrichtet werden und das ungeachtet ihrer Herkunft, ihrer Hautfarbe oder ihres kulturellen Hintergrundes. Dadurch sind wir der Meinung, dass Vorurteile bereits im Kindesalter abgebaut werden können bzw. gar nicht erst entstehen. Zudem sind wir auch der Meinung, dass Kinder von Geflüchteten ebenfalls das Recht haben müssen, Deutsch zu lernen und in eine deutsche Schule gehen zu dürfen. Auch eine solche Maßnahme beugt einer künstlich erzeugten Seperation der Kinder vor.
Antwort „FDP – Die Liberalen“:
Bei der Förderung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund konnten in den letzten Jahren in zentralen Kompetenzbereichen Fortschritte erzielt werden (Nationaler Bildungsbericht 2012). Gleichwohl gilt es, die für einen nicht unwesentlichen Teil des Personenkreises bestehenden Nachteile, durch entschiedenes Handeln auszugleichen. Da die geringeren Chancen nicht auf den Migrationshintergrund als solchen, sondern auf die vielfach damit im Zusammenhang stehenden Risikolagen (bildungsfernes Herkunftsmi-lieu; soziale Verwerfungen) zurückzuführen sind, empfiehlt es sich, Handlungsansätze zu wählen, die bei Jugendlichen deutscher Herkunft mit ähnlichem Hintergrund erfolgsversprechend sind. Frühe (Sprach)Förderung aber auch zeitnahe Diagnostik und Kompetenzfeststellung im Schulverlauf, Berufsorientierung und eine professionelle Begleitung und Hilfestellung, wie z.B. über das Programm „Bildungsketten“ angeboten, sind aus unserer Sicht der richtige Ansatz.
 
Deutsche Kolonialgeschichte: Erinnerung und Verantwortung
In der Abschlusserklärung zur Durbaner UN Weltkonferenz gegen Rassismus erkannte auch Deutschland 2001 an, „dass die Sklaverei und der Sklavenhandel, (…) ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind und zu allen Zeiten als solches hätten gelten sollen,“ sowie „dass der Kolonialismus zu Rassismus, (…) Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz geführt hat und dass Afrikaner und Menschen afrikanischer Abstammung, Menschen asiatischer Abstammung sowie indigene Völker Opfer des Kolonialismus waren und nach wie vor Opfer ihrer Folgen sind. Wir erkennen das Leid an, das durch den Kolonialismus verursacht wurde, und erklären, dass der Kolonialismus, wo und wann immer er aufgetreten ist, verurteilt und sein erneutes Auftreten verhindert werden muss. Wir bedauern ferner, dass die Auswirkungen und das Fortbestehen dieser Strukturen und Praktiken zu den heute in vielen Teilen der Welt fortdauernden sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten mit beigetragen haben.“ Diese wichtigen Erkenntnisse gilt es nun, erinnerungspolitisch und bildungspolitisch umfassend umzusetzen. Dies ist für ein historisch fundiertes Verständnis des gegenwärtigen Rassismus sowie globaler Ungleichheit von grundlegender Bedeutung.
Kernforderungen der ISD:
− Anerkennung von Kolonialismus als Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der Abschlusserklärung der „UN Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz“ sowie Anerkennung der besonderen Verantwortung Deutschlands, die sich aus den vielfältigen ideologischen, politischen und persönlichen Verbindungslinien vom Genozid im heutigen Namibia zur rassistischen NS Politik und dem Genozid in Europa ergibt
− Annullierung und kritische Aufarbeitung aller weiterhin wirkmächtigen rassistischen Kolonialgesetze des Deutschen Reiches nach heutigen rechtlichen Maßstäben
− Symbolische Reparationen durch Mahnmäler, Straßenumbenennung sowie Angebote der politischen Bildung, bei  denen der deutsche Kolonialismus und seine Kontinuitäten unter Einbezug der Betroffenen verhandelt werden
−  Materielle Reparationen: Sogenannte „Entwicklungszusammenarbeit“ darf nicht als „Entschädigung“ an Namibia beworben werden, diese ist ohne Konditionen zu leisten
−  Verantwortungsbewusster Umgang mit kolonialer Beutekunst, Begrabenen und Körperteilen, die während der Kolonialzeit nach Deutschland verbracht wurden: Auf eine umfassende Herkunftsforschung durch unabhängige, wissenschaftliche Expert*innen muss die Rückgabe all derjenigen Objekte folgen, die den rechtmäßigen Besitzer*innen nachweislich im Rahmen kolonialer Aggression entwendet wurden. Insbesondere nach Genozid, Mord und Grabraub entwendete Begrabene und Körperteile sind unverzüglich zurückzuführen.
Die ISD fragt:
•  Plant ihre Partei, Kolonialgeschichte und koloniale Kontinuitäten der Gegenwart umfassend erinnerungs- und bildungspolitisch zu bearbeiten, um gegenwärtigen Rassismus historisch fundiert problematisieren zu können? Wenn ja, wie, wenn nein, weshalb nicht?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Wir Grüne sind sehr aktiv, was die Aufarbeitung des im deutschen Namen begangenen Unrechts angeht. Das betrifft auch die autoritären Traditionen des Kaiserreichs und des deutschen Kolonialismus – nicht zuletzt auch mit Blick auf eine historisch fundierte Kritik des gegenwärtigen Rassismus. In der vergangenen Legislaturperiode hat unsere Bundestagsfraktion einen Antrag in den Bundestag eingebracht, der einen gemeinsamen Parlamentarierdialog mit der namibischen Nationalversammlung zur Versöhnungsfrage im Zusammenhang mit den Kolonialverbrechen vorschlägt (BT-Drs. 16/9708). Ebenso waren unsere grünen Abgeordneten an einem interfraktionellen Antrag beteiligt, in dem der Deutsche Bundestag aufgefordert wird, die schwere Schuld anzuerkennen, die deutsche Kolonialtruppen mit den Verbrechen an den Herero, Nama, Damara und San auf sich geladen haben (BT-Drs.17/9033). Auch in Kommunen beteiligen wir uns an entsprechenden Aktivitäten, z.B. mit Blick auf die „Entkolonialisierung“ von Straßennamen oder das Erinnern an Kolonialverbrechen und ihre Opfer. Wir unterstützen die Einrichtung entsprechender Gedenk- und Informationsorte sowie weitere Aktivitäten der politischen und historischen Bildung und Information zu diesem Thema. Auch sie können einen wichtigen Beitrag für eine historisch fundierte Kritik des Kolonialismus leisten.
Antwort „Die Linke“:
DIE LINKE sieht sich in einer guten internationalistischen Tradition der Solidarität mit dem antikolonialen Kampf unterdrückter Menschen und Völker weltweit. Dazu stehen wir auch weiterhin – ob es um offenen Kolonialismus oder Neokolonialismus geht.
Rassismus und Kolonialismus sind zwei Seiten derselben unseligen Medaille. DIE LINKE positioniert sich klar gegen beide und verfolgt einen Ansatz, die tieferliegenden – auch institutionellen und ökonomischen – Ursachen von Rassismus und (Neo-)Kolonialismus zu benennen und auf ihre Beseitigung hinzuwirken. Insofern ist es dringend nötig, dass diese Zusammenhänge auch in unserem Bildungssystem einen höheren Stellenwert bekommen, sichtbar gemacht und diskutiert werden.  Wenn vom Kampf gegen Rassismus gesprochen wird, so führt kein Weg an einer kritischen und schonungslosen Aufarbeitung gerade auch der deutschen und europäischen Kolonialvergangenheit vorbei. Ebenso müssen koloniale Kontinuitäten in Staat und Gesellschaft sichtbar gemacht werden.
Auf kommunaler Ebene fordert DIE LINKE die Umbenennung von Straßen, Kasernen, Denkmälern und Erinnerungsorten, die heute noch Kolonialverbrecher ehren. Auf Länderebene fordern wir eine Verankerung der Kolonialgeschichte in den Lehrplänen von Schulen. Auf Bundesebene setzen wir uns mit zahlreichen Anfragen und Anträgen gegen Rassismus ein. Unser Antrag (BT-Drucksache 17/8767) zur Anerkennung des Völkermords gegen Herero, Nama, Damara und San durch die deutsche „Schutztruppe“ (1904-08) enthält bewusst auch Forderungen im bildungspolitischen Bereich in Deutschland. Wir fordern die Gründung einer Bundesstiftung zur Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit, ebenso wie die Einrichtung einer deutsch-namibischen Schulbuchkommission zur Ausarbeitung gemeinsamer Schulbücher für Deutschland und Namibia nach dem Vorbild gleichartiger deutsch-französischer und deutsch-polnischer Kommissionen.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Die Zuständigkeit für die Bildungspolitik liegt seit der Föderalismusreform 2006 bei den Ländern. Allerdings setzen sich CDU und CSU grundsätzlich dafür ein, dass auch dunkle Aspekte der deutschen Geschichte in den Lehrplänen für die Schulen ausreichend berücksichtigt werden. Wo CDU und CSU Verantwortung tragen, wird dies entsprechend umgesetzt. Mit dem Humboldt-Forum entsteht in Berlins Mitte ein Museum der außereuropäischen Kulturen, in dessen Zentrum die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst stehen. CDU und CSU begrüßen das Konzept des Humboldt-Forums, das zugleich ein Raum des Dialogs ist, der die gleichberechtigte Begegnung unterschiedlicher Kulturen ermöglicht.
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Ja, in der Piratenpartei Deutschland gibt es eine mit gro.er Mehrheit angenommene Initiative, die sich für ein Bekenntnis zu der historischen Verantwortung, die aus dem Völkermord an den Herero und Nama durch die deutsche Kolonialmacht in Deutsch-Südwestafrika zwischen 1904 und 1908 erwächst, ausspricht, allerdings noch nicht Programm ist. Daher setzen wir uns dafür ein, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre Verantwortung am Genozid und an der Ermordung von bis zu 85.000 Herero und etwa 10.000 Nama sowie Menschen weiterer Völker wie San und Damara in unbekannter Anzahl durch eine formelle Entschuldigung anerkennt und übernimmt. Weiterhin setzen wir uns für eine ernstzunehmende Aufarbeitung und Aufklärung über diesen Völkermord, insbesondere an Schulen und in Schulbüchern ein. Den deutschen Teil der geleisteten Entwicklungszusammenarbeit mit Namibia sehen wir nicht als Ersatz für Reparationszahlungen und unterstützen stattdessen eine ernsthafte namibisch-deutsche Verhandlung und einen gesamtgesellschaftlichen Diskurs zu dieser Frage. [1] [1] Meinungsbild: https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4403.html
•  Wie planen Sie Perspektiven und Erinerungskultur derjenigen Menschen in Deutschland, die diasporische Bezüge zu ehemals vom deutschen Reich besetzten Gebieten haben, in die Ausgestaltung entsprechender Erinnerungs- und Bildungspolitik enzubeziehen?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Menschen, die Nachfahren von betroffenen Opfergruppen sind bzw. aus den Ländern stammen, die der deutschen Kolonialherrschaft unterworfen waren, sind herzlich willkommen, um in grünen Zusammenhängen an der historischen Aufarbeitung dieser Zeit mitzuwirken. Wir werben sehr aktiv darum, nicht nur bei Projekten mit Bezug auf Erinnerungskultur für eine breite Beteiligung von zivilgesellschaftlichen Akteuren zu sorgen.
Antwort „Die Linke“:
Entscheidend ist es, die Geschichte des deutschen Kolonialismus stärker in der Erinnerungs- und Bildungspolitik zu verankern. Im Rahmen der Auseinandersetzung z.B. mit dem Thema koloniale Beutekunst sollte dieser Teil der Geschichte stärker zum Thema gemacht werden. Für DIE LINKE hat die Auseinandersetzung mit alltagsrassistischen Stereotypen einen hohen Stellenwert und eine antirassistische Menschenrechtserziehung ist für uns von hoher Bedeutung. In diesem Zusammenhang muss die Erfahrung Betroffener stärker als bisher einbezogen werden. Für das historische Verständnis des Rassismus ist die Geschichte des Kolonialismus unabdingbar. Dort, wo DIE LINKE auf Bundesebe Einfluss auf die Ausgestaltung von Erinnerungs- und Bildungspolitik hat (über Beiräte, Kuratorien etc.) wird sie die Frage nach der Einbeziehung konkreter und/oder historischer Erfahrungen mit Rassismus und Kolonialismus stärker in den Fokus nehmen.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Siehe Antwort zur vorangegangener Frage
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Hierzu haben wir noch keine konkreten Pläne.
Antwort „FDP – Die Liberalen“ auf oben stehende Frage und folgende Fragen bezüglich „Deutsche Kolonialgeschichte“:
Geschichtsunterricht hat nicht nur die Funktion, Wissen über die Vergangenheit zu vermitteln, sondern gerade auch Fehler für die Zukunft zu vermeiden. Daher ist es wichtig, dass Schülerinnen und Schülern Geschichte mit Bezug zur Gegenwart vermittelt wird. Dies gilt auch für die deutsche Kolonialgeschichte.
Das von Ihnen aufgeführte Thema der „blinden Flecken der Sammlungsgeschichte“ wird bei der Konzep-tion des Humboldtforums – für welches wir hier Aussagen treffen können (im Gegensatz zu den nicht in unseren Händen liegenden Universitätskliniken etc.) – sehr ernst genommen. Das Humboldtforum wird eine Bildungs- und Kultureinrichtungen für die Völker der Welt darstellen, wie sie bisher noch nicht zu finden ist. 
Das Humboldt Lab Dahlem ist der ideale Ort, um das von Ihnen angesprochene Thema jetzt schon behut-sam aufzugreifen. Das Lab, 2012 eingerichtet und bis 2015 ausgelegt, ist ein Projekt der Kulturstiftung des Bundes und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Im Sinne einer experimentellen Probebühne dient es zur Vorbereitung insbesondere der Museumsausstellungen im zukünftigen Humboldt-Forum. Schon jetzt beschäftigte sich das Team aus Museumskuratoren, Gestaltern, Künstlern und Wissenschaftlern mit dem von Ihnen angesprochenen Thema. Die Ergebnisse der ersten Projekte dieser „Probebühne 1“ wur-den ab März 2013 in den Museen Dahlem präsentiert. Sie verdeutlichten, welchen substantiellen Heraus-forderungen sich eine aktuelle Präsentation von Sammlungen zwischen Ethnologie und Kunst zu stellen hat. Mit dem Projekt „Springer – Benin/Surinam“ hat sich das Lab mit blinden Flecken der Sammlungs-geschichte beschäftigt. Auch das Forschungsprojekt „Former West“ – welches es sich zur Aufgabe macht, aktuelle Selbst- und Fremdbilder des Westens zu untersuchen, konnte auf einer Tagung am Haus der Kulturen der Welt 2013 seine Ergebnisse vorstellen. Auch dieses Projekt wurde vom Bund – der Kulturstiftung des Bundes – unterstützt.
 
•  Wie steht ihre Partei zum Umgang mit kolonialer Beutekunst, Begrabenen und Körperteilen, die zu hunderttausenden in ethnologischen Museen und Universitätskliniken in ganz Deutschland lagern? Kann das vom Bund geförderte Projekt Humboltdforum ohne eine prominente Behandlung der Fragen von Provenienz und Rückgabe von Exponaten einen geeigneten Rahmen für respektvollen Umgang mit dieser geteilten Geschichte bieten – oder wird sie auch hier wieder einseitig erzählt?
Antwort „Bündnis90/Die Grünen“:
Wir unterstützen das Anliegen der Provenienzforschung zu Kunst- und ethnologischen Objekten, die sich möglicherweise unrechtmäßig im Besitz von deutschen Museen, Sammlungen und sonstigen Einrichtungen befinden. Der Umgang mit den Körperteilen von Verstorbenen in Krankenhäusern und medizinischen Sammlungen darf die Würde der Verstorbenen nicht verletzen. Ein rassistischer oder kolonialistischen „Blick“ wäre mit der Würde der Verstorbenen nicht zu vereinbaren. Wo es Objekte gibt, die sich unrechtmäßig im Besitz von deutschen Einrichtungen befinden, ist den rechtstaatlichen und internationalen Normen entsprechend zu verfahren. Die fraglichen Objekte sind dem rechtmäßigen Eigentümer zurückzuerstatten. Entsprechende Provenienzforschungen und Aktivitäten sind natürlich auch mit Blick auf ein prominentes Projekt wie das Humboldt-Forum sinnvoll und wichtig.
Antwort „Die Linke“:
DIE LINKE setzt sich seit längerem für einen verantwortungs- und respektvollen Umgang mit kolonialer Beutekunst, Begrabenen und deren Körperteilen ein und plädiert für eine Verständigung mit den jeweiligen Eigentümern bzw. Ländervertretern aus denen die Exponate stammen über eventuelle Rückgaben und Entschädigungen. So haben sich z.B. Abgeordnete der Bundestagsfraktion DIE LINKE intensiv und am Ende auch erfolgreich für die Rückgabe der Gebeine von Herero und Nama aus den Beständen der Charité in Berlin an Namibia engagiert, welche einst Wissenschaftler während der Kolonialzeit zur Forschungszwecken nach Deutschland brachten.
Als Voraussetzung für einen solchen verantwortungsvollen Umgang muss vor allem die Provenienzforschung verstärkt werden. Das ist uns ein besonderes Anliegen.
Das vom Bund geförderte Humboldtforum muss sich den Fragen von Provenienz und Rückgabe stellen, wenn es seinem verkündeten Anspruch gerecht werden will, zum Dialog der Weltkulturen beizutragen. Daran besteht für uns kein Zweifel. Deshalb begrüßen wir, dass das Thema mit der Petition und der Kampagne „No Humboldt 21!“ in die öffentliche Debatte gekommen ist. DIE LINKE hat das Projekt des Humboldtforums von Anfang an sehr kritisch begleitet und wird dies auch weiterhin tun. Nicht zuletzt auf Initiative der Linken hin hat sich der Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages im Juni in seiner vorletzten Sitzung mit dem Konzept beschäftigt und auch kritische Fragen in Bezug auf die Herkunft der Bestände der Staatlichen Museen Berlins gestellt, die dort ausgestellt werden sollen. Diese Fragen sind für uns noch nicht überzeugend beantwortet und wir werden sie in der neuen Legislaturperiode erneut auf die Tagesordnung setzen.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
CDU und CSU treten dafür ein, dass die Frage des Eigentums an und der Rückerstattung von Kulturgütern in den Museen des Nordens vernünftig angegangen wird, so wie es die im Dezember 2002 von der UNO verabschiedete Resolution „Rückgabe oder Rückerstattung von Kulturgut an die Ursprungsländer“ fordert. Auch im Umgang mit Begrabenen und Körperteilen, die in ethnologischen Museen und Universitätskliniken lagern, sprechen wir uns für einen würdevollen Umgang aus. Es gibt schwierige juristische Fragen, die mit der Übertragung eines unveräußerlichen Bestandteils des jeweiligen nationalen Kulturbesitzes verbunden sind, die geklärt werden müssen. Ziel muss es sein, die fraglichen Kulturgegenstände mit den Mitteln einer konstruktiven und versöhnlichen Diskussion ins Leben zurückzuholen. Die Museen müssen nicht nur im Dienst der Bürger einer Nation, sondern im Dienst der Völker aller Nationen arbeiten. In jüngerer Zeit hat der Internationale Museumsrat ICOM einstimmig „Ethische Richtlinien für Museen“ verabschiedet. In Artikel 6.3 heißt es: „Wenn ein Herkunftsland oder -volk die Rückgabe eines Objekts oder Exemplars erbittet und sich belegen lässt, dass der Gegenstand unter Verletzung der Prinzipien dieser Konventionen exportiert oder auf anderem Wege übereignet wurde und eigentlich zum kulturellen oder natürlichen Erbe dieses Landes oder Volkes gehört, sollte das betreffende Museum umgehend geeignete Schritte einleiten und bei der Rückgabe helfen, sofern es rechtlich dazu befugt ist.“ Das gilt auch für das Humboldt-Forum. CDU und CSU wissen, was es bedeutet, dass einiges aus den Sammlungen des Humboldt-Forums mit einem schmerzhaften Teil der Geschichte jener Länder verbunden ist, deren Kultur die Stücke bezeugen. Deshalb sollen den Kuratoren des Humboldt-Forums auch Nachfolger jener angehören, die diese Werke
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“ zu den obigen Fragen:
Deutsche Geschichte ist auch Kolonialgeschichte. Deshalb finden die Spuren deutscher Kolonialvergangenheit in den vom Bund verantworteten Einrichtungen Berücksichtigung, im Besonderen im Deutschen Historischen Museum (DHM) in Berlin, welches sich ihrem Stiftungszweck zufolge der „Aufklärung und Verständigung über die gemeinsame Geschichte von Deutschen und Europäern“ verpflichtet fühlt. Das DHM widmet sich der deutschen Geschichte in ihren internationalen Zusammenhängen. Dies betrifft zuallererst Europa. Deutsche Geschichte hat aber auch über Europa hinaus gewirkt. Vor dem Ersten Weltkrieg beteiligte sich das Deutsche Reich an der Aneignung von Kolonien und der Schaffung von wirtschaftlichen und politischen Einflusszonen, die in vielfacher, oft auch kritischer Weise auf die dortigen Gesellschaften eingewirkten und Auswirkungen auf die deutsche Gesellschaft hatten. 
Diese Fragen werden sowohl in der Dauerausstellung des DHM, als auch in verschiedenen Wechselausstellungen und dem Online-Angebot „LeMO“ vermittelt. LeMO ist eine gemeinsame, von den beiden Bundeseinrichtungen DHM in Berlin und dem Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (HdG) in Bonn getragene Plattform zur Vermittlung deutscher Geschichte von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Das Angebot verknüpft informative Texte mit musealen Objekten sowie Film- und Tondokumenten und vermittelt so ein umfassendes Bild von Geschichte.
Für die SPD gehört zu den Aufgaben einer umfassenden und differenzierten Aufarbeitung unserer Geschichte auch die kritische Betrachtung deutscher Kolonialvergangenheit. Dies muss sowohl in der Geschichtsschreibung, als auch in der kultur- und bildungspolitischen Darstellung und Vermittlung von Geschichte erfolgen. Dazu können nicht nur Institutionen und die vermittelten Inhalte beitragen, sondern auch ein gesamtstaatliches Erinnern an diese Kapitel deutscher Geschichte. Deutsche Geschichte und Kolonialgeschichte sind untrennbar miteinander verbunden. Dieses Bewusstsein zu stärken und dabei auch die Perspektiven und Erinnerungskultur der Menschen zu berücksichtigen, die diasporische Bezüge zu ehemals vom deutschen Reich besetzten Gebieten haben, ist zwingend notwendig.
Vor diesem Hintergrund sind den Beständen kolonialer Beutekunst, aber auch menschlicher Überreste (sog. human remains), die zur Kolonialzeit ins Deutsche Reich verbracht wurden und noch heute in den Beständen von Museen und Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen lagern, besondere Beachtung zu schenken. Dabei ist jedoch auch zwischen einem Kulturgut und einem Bestattungsgut zu unterscheiden, etwa hinsichtlich eines legal erworbenen Knochenwerkzeuges und einem illegal entwendeten Körper oder Körperteil. Gerade bzgl. Letzterem gibt es bislang auch europaweit – denn nicht nur Deutschland, sondern auch andere europäische Länder, ehemalige Kolonialmächte wie die Niederlande sind betroffen – kein generelles, einheitliches Vorgehen. Grundsätzlich sollte bei berechtigten Ansprüchen auf Rückgabe von human remains immer eine umfassende Einzelfallprüfung erfolgen, nicht zuletzt auch um sicherzustellen, dass die betroffenen „human remains“ auch wirklich zu den berechtigten Nachfahren gelangen. Insgesamt bedürfen diese Fragen hoher Sensibilität.
Das Engagement der SPD-Bundestagsfraktion mit dem Umgang der deutschen Kolonialgeschichte in Afrika lässt sich am besten anhand von Namibia veranschaulichen: Bis heute ist die blutige Niederschlagung des Aufstands von namibischen Volksgruppen im Bewusstsein der Menschen des Landes verankert. Dieses Verbrechen verübten vor mehr als einhundert Jahren die deutschen kaiserlichen Kolonialtruppen. Es starben Zehntausende Menschen und, während des Krieges und danach wurde fast die gesamte Herero-Bevölkerung ausgelöscht.
Im Jahr 2004 reiste die damalige Entwicklungsministerin Heide Wieczorek-Zeul zum 100-jährigen Gedenken an die Opfer dieser unvorstellbaren Gräueltaten nach Namibia und bat die Nachfahren um Vergebung für die damals begangenen Taten. Sie betonte, dass die Deutschen sich zu ihrer historisch-politischen, moralisch-ethischen Verantwortung und zu der Schuld, die Deutsche damals auf sich geladen haben, bekennen. Im Anschluss an die Reise beschloss die rot-grüne Bundesregierung, die Leistungen innerhalb der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu verdoppeln. Außerdem wurde eine Versöhnungsinitiative ins Leben gerufen, für die zusätzlich 20 Millionen Euro bereitgestellt wurden. Diese Initiative ist jedoch ins Stocken geraten.
Deshalb forderte die SPD-Fraktion letztes Jahr in ihrem  Antrag „Die Beziehungen zwischen Deutschland und Namibia stärken und unserer historischen Verantwortung gerecht werden“ (BT-Drs. 17/9033neu), dass ein intensiver Dialog mit namibischen Volksvertretern sowie Angehörigen der Opfer stattfindet und die Versöhnungsinitiative auf neue Beine gestellt wird. Diese Initiative sollte auch zum Jugend- und Kulturaustausch zwischen beiden Ländern beitragen. Darüber hinaus wäre den Nachfahren der Opfer bei einer Verbesserung ihrer Lebensbedingungen zu helfen. Darüber hinaus hält die SPD-Fraktion auch in Zukunft eine nachhaltige Entwicklungszusammenarbeit und wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Namibia für erforderlich.
Aber auch national muss noch mehr für die Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit getan werden. So sollte geprüft werden, ob auf Bundesebene die Einrichtung einer mit diesem Thema betrauten Stiftung initiiert werden kann.
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Die Piratenpartei ist der Meinung, dass alle Beutekunst, Körperteile und ähnliches, welche in der Kolonialzeit erworben und widerrechtlich nach Deutschland geschafft wurden, zurückgegeben werden muss. Dies gebietet die Würde und der Respekt der Menschen, die unter der Kolonienzeit zu Leiden haben mussten.
 
•  Wie steht Ihre Partei zum Fall des Gerson Liebl, der 2009 nach 18 Jahren in Deutschland unter Rückgriff auf rassistische Kolonialgesetze nach Togo abgeschoben und von seiner Familie getrennt wurde? Rassistische Kolonialgesetze zur Verhinderung sogenannter „Mischehen“ wurden herangezogen, um die großväterlichen deutschen Wurzeln des Gerson Liebl nicht anerkennen zu müssen, obwohl diese jährlich bei tausenden Aussiedlern anerkannt werden? Wie bewerten sie die Tatsache, dass diese Gesetze weiterhin Anwendung finden, während Deutschland andererseits Verantwortung für Kolonialverberechen von sich weist, weil es die Rechtsnachfolge des Deutschen Kolonilareiches ablehnt?
Antwort Bündnis90/Die Grünen“:
Wir teilen die Empörung über die staatliche Behandlung und letztlich die Abschiebung von Gerson Liebl – nach 18 Jahren in Deutschland. Zugleich zeigt der Fall in einem ungewöhnlichen Ausmaß behördliche Engherzigkeit und Paragraphenreiterei. Es kann nicht richtig sein, dass das weitere Leben eines Menschen, der unbestreitbar „deutschstämmig“ ist, der deutschen Sprache mächtig und hier integriert ist, an dem fehlenden Stempel eines Urkundsbeamten bei der Eheschließung seiner Großeltern scheitert – zumal eine Eheschließung vor einem deutschen Standesbeamten nach dem kolonial-kaiserlichen Rasserecht nicht möglich war. Hier hätte man für Herrn Liebl – und seine Familie – eine andere, humanitäre Lösung finden können und müssen.
Antwort „Die Linke“:
Der Fall des Gerson Liebl ist ein Ausdruck des nach wie vor virulenten Rassismus, auch in der Gesetzgebung der Bundesrepublik. Der Fall zeigt, wie auch heute noch der Rassismus der Kolonialzeit nachwirkt und dass es dazu auf staatlicher Seite keine tiefgreifende Auseinandersetzung in Deutschland gegeben hat. Die Anwendung von rassistisch konnotierten Gesetzen, um die Ausweisung eines Menschen zu legitimieren, der 18 Jahre in Deutschland gelebt hat, ist inakzeptabel. Der Fall muss Anlass für eine systematische Überprüfung sein, in wie weit rassistische Gesetze aus der deutschen Kolonialzeit auch heute noch eine Rolle spielen. DIE LINKE wird eine solche Überprüfung in der nächsten Wahlperiode anmahnen.
Antwort „Christlich Demokratischen Union Deutschlands (CDU)  und der Christlich-Sozialen Union in Bayern (CSU)“:
Wir weisen darauf hin, dass bezüglich der Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit von Herrn Gerson Liebl ein gerichtliches Verfahren bis hin zum Bundesverwaltungsgericht erfolglos geblieben ist. Darüber hinaus nehmen wir zu Einzelfällen keine Stellung
Antwort  „Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD)“
Als Bundespartei stellen wir uns die generell-abstrakte Frage, ob Gesetze so geändert werden müssen, dass als ungerecht empfundene Einzelfälle künftig nicht mehr auftreten. Ein Fall wie der genannte kann jedoch künftig nicht mehr auftreten, weil weder die für den Fall einschlägigen Normen des damals geltenden Staatsangehörigkeitsrechts noch die des so genannten Schutzgebietsgesetzes heute noch in Kraft sind. Der Fall ist rechtskräftig entschieden worden. Weder die Revision beim Bundesverwaltungsgericht noch die Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht hatten Erfolg. Bei aller Anteilnahme für das persönliche Schicksal von Herrn Liebl bitten um Verständnis, dass wir die verfassungsrechtlich geschützte Unabhängigkeit der Gerichte achten und den genannten Fall deshalb nicht kommentieren. 
Antwort „Piratenpartei Deutschland“:
Die Piratenpartei Deutschland setzt sich in jedem Falle dafür ein, dass Gesetze, welche einen rassistischen Hintergrund vorzuweisen haben, abgeschafft werden. Es darf auch im 21. Jahrhundert nicht mehr vorkommen, dass Gesetze aus Zeiten des Kaiserreichs herangezogen werden um eine Abschiebung zu rechtfertigen. Da wir ebenfalls die Abschaffung von Abschiebungen fordern, k.nnten solche Gesetze auch gar nicht mehr Anwendung finden, sobald die Praxis der Abschiebung erst einmal ausgesetzt bzw. ganz abgeschafft ist.
 
Soweit die Antworten der im Bundestag vertretenen Parteien
Hier finden Sie die Wahlprüfsteine der ISD als PDF File ->   Wahlprüfsteine 2013
Hier finden Sie die Forderungen der ISD als PDF File -> Forderungen der ISD